WITNESSES ist die Spielwiese für sämtlichen musikalischen Output von Greg Schwan, der am ehesten dadurch bekannt ist, eine Zeit lang mal bei WHILE HEAVEN WEPT am Keyboard gesessen zu haben. Spielwiese heißt in diesem Fall: Fünf komplette Alben seit Februar 2017, die aber keinesfalls unbedingt Metal enthalten müssen. Vielmehr erscheint unter dem Namen WITNESSES sowohl elektronisches Ambient-Material als auch epischer Doom, immerhin jeweils beschränkt auf ein komplettes Album. Das neueste Werk aus dem Hause Schwan, auf dem sich das zweite Mal mit dem Thema Doom Metal befasst wird, trägt dann auch den schnöden Titel „Doom II“.
WITNESSES – Der schöne Schein trügt
Mit der Musik auf „Doom II“ verhält es sich ein bisschen wie mit seinem Cover Artwork: Der äußere Schein trügt. Denkt man zunächst an ein wunderschönes, handgezeichnetes Cover, entdeckt man bei näherer Betrachtung viel Photoshop und unschöne Artefakte. Musikalisch betrachtet klingt das Material erst einmal nach solidem epischen Doom, dessen Schwächen aber mit jedem Hören deutlicher werden.
Gleich zu Beginn fällt die weinerliche Stimme von Session-Sänger Kody Ternes negativ auf. Sucht man ihn bei YouTube, findet man süßlichen Singer-Songwriter-Pop-Rock, zu dem der Gesang auch durchaus gut passt. Bei Epic Doom Metal funktioniert das aber weit weniger gut, hier klingt Ternes eher nach einer der gefühlt hunderten amerikanischen Alternative-Rock-Kapellen der 2000er und wirkt letztlich einfach deplatziert, ohne die stimmliche Leistung abwerten zu wollen.
Dinge die nicht zueinander passen wollen, ziehen sich aber auch ansonsten durch „Doom II“. Nicht nur, dass die Produktion flach klingt, der Drumsound ein absoluter Witz ist und die meisten Riffs alles andere als frisch wirken. Offenbar soll laut Cover Artwork ein maritimes Thema das Album durchziehen. Textlich mag das auch noch hin kommen, musikalisch beschränkt es sich aber auf zwei Minuten (!!!) langes Knarzen eines wackeligen alten Kahns am Ende von „I Hope Their Prayers Aren’t Answered“.
Auch sonst gibt es immer wieder diese Momente, in denen ein Song etwa ab der Hälfte der Spielzeit kippt und der Hörer zweifelt, ob schon ein anderer begonnen hat, wie im Rausschmeißer „An Ending“. Es fehlt einfach der Zusammenhang, irgend etwas mit Wiedererkennungswert, das dazu taugt eine Nummer zusammenzuhalten. Nichts gegen progressives, komplexes Songwriting, aber einfach nur Versatzstücke aneinanderzureihen funktioniert in den seltensten Fällen.
Unausgegoren statt spontan – „Doom II“
„Doom II“ soll vermutlich spontan wirken, ist aber tatsächlich einfach unausgegoren, ein Sammelsurium von Ideen, die Greg Schwan wohl unbedingt aus seinem Kopf bekommen wollte. Fast alle Kompositionen hätten aber einfach eine bessere Ausarbeitung zu wirklichen Songs benötigt, um wirklich faszinieren zu können. Die unglückliche Wahl des Sängers, der vielleicht eher zu den Elektro-Experimenten unter dem Namen WITNESSES passen würde, hier aber einfach deplatziert wirkt, tut natürlich ihr übriges.
Wer also epische Doom-Großtaten à la WHILE HEAVEN WEPT erwartet, der wird von „Doom II“ bitter enttäuscht werden. Letztlich ist auch unklar, was genau Herr Schwan mit seinem Projekt WITNESSES eigentlich erreichen möchte. Als Selbsttherapie, um die Ideen in seinem Kopf festzuhalten, mag das gut funktionieren. Das Erreichen eines größeren Publikums klappt so aber eher nicht.
Also, so unpassend finde ich den Gesang mal gar nicht. Trifft jedenfalls deutlicher meinen Geschmack, als die Heulerei von vielen anderen in diesem Genre. Schlagzeug tickert allerdings wirklich ziemlich mau im Hintergrund. Aus dem Grundgerüst kann man aber schon eine Menge machen. Könnte beim nächsten Output schon eine Steigerung verzeichnen.