WITCHING aus Philadelphia gründeten sich im Jahr 2017 und entschieden sich schon bald, auf Genregrenzen zu pfeifen. Die selbstbetitelte EP aus dem Jahr 2018 wanderte noch auf den Spuren von BLACK TOMB, fand also bereits im Spannungsfeld zwischen Sludge und Black Metal statt. Bis zum ersten Album, das kürzlich erschienen ist und den Titel „Vernal“ trägt, wucherte das kontrollierte Chaos aber noch weiter.
Bereits der erste Track „Witness“ zeigt starke Noise-Einflüsse und beginnt als Kakophonie, aus der sich erst mit der Zeit erkennbare Melodien und Strukturen herausschälen. Ganz so jedoch, als wolle die Band mit dem ersten Song bewusst polarisieren, wird die Musik auf „Vernal“ im weiteren Verlauf bekömmlicher, ohne jedoch weniger fordernd zu werden. Die Musik ist vertrackt, die Strukturen dahinter jedoch gut zu erkennen – wenn man sich ihr ganz und gar widmet.
WITCHING haben Struktur im Chaos.
WITCHING gehen sogar die Übergänge zwischen (Post-)Hardcore und Black Metal sehr gut von der Hand. Dies mag daran liegen, dass die Band in Wut und Frust den gemeinsamen Nenner beider Genres richtig identifiziert hat und auch emotional transportieren kann. Dies ist neben den musikalischen Fähigkeiten nicht zuletzt Sängerin Jacqui Powell zu verdanken, der heisere Schreie aber auch klarer Gesang sehr gut gelingen.
Das verwundert nicht, wenn man liest, dass in „Vernal“ viele persönliche Erfahrungen der Sängerin stecken. „‚Vernal‘ spiegelt vergangene Probleme wider, die ich nicht verarbeiten konnte, bis ich älter wurde“, berichtet Jacqui. „Eine Möglichkeit zu haben, diese Negativität rauszulassen und Kraft aus meinen Wunden zu ziehen, hat Licht in mein Leben gebracht, dass mir zeigt, dass es möglich ist, durch meine Fehler und Dinge, die außerhalb meiner Kontrolle lagen, zu wachsen.“
„Vernal“ demonstriert sehr großes Potenzial.
WITCHING ist ein gutes Debüt gelungen, dem anzumerken ist, dass es einige Jahre reifen konnte. Die Kompositionen sind durchdacht, aber in ihrer Komplexität sicher nicht für jeden bekömmlich. Bemerkenswert ist, dass die Band trotz aller Progressivität die emotionale Komponente der Musik gut transportiert. Dennoch mag dies in all dem, was auf „Vernal“ passiert, untergehen. Denn das Album ist auch überladen und das Feuerwerk an Ideen verstellt manchmal den Blick aufs Wesentliche. Wenn WITCHING sich darauf konzentrieren, können sich als abgefuckte Alternative zu Bands wie BARONESS in Zukunft noch einige Türen öffnen.
Kommentare
Sag Deine Meinung!