Mit „Elegant Stealth“ legen WISHBONE ASH ihr siebenundzwanzigstes Studio-Album vor. Eigentlich schreibt man Zahlen jenseits der zwölf nicht mehr aus, aber der geneigte Leser soll die Zeit bekommen, sich die Zahl einmal auf der Zunge zergehen zu lassen. Das Gleiche gilt für die Tatsache, dass wohl die meisten Leser dieser Rezension (inklusive Rezensent) bei der Veröffentlichung des ersten WISHBONE-Albums nicht nur nicht geboren, sondern längst nicht geplant waren.
Die einleitenden Worte geben bereits einen ungefähren Eindruck, wohin die Reise auf „Elegant Stealth“ geht – nämlich in die Vergangenheit. Die Pioniere der ‚Twin Guitars‘ (an deren Nachahmung sich unzählige Rock- und Metal-Bands mitunter sehr erfolgreich versucht haben) bleiben auch 2012 ihrem Stil treu und servieren elf (bzw. zwölf, wenn man den versteckten Remix des Openers mitzählt) Songs klassischen Rocks, die zum Teil sehr bluesig daherkommen, aber auch funkige Anleihen und hier und da sogar leicht progressive Ausflüge aufblitzen lassen.
Sowohl die Arrangements – speziell der parallel arbeitenden Gitarren, die auf „Elegant Stealth“ für meine Begriffe gar nicht sooo stilgebend sind – als auch die Produktion des Albums zeigen dabei eindrucksvoll, auf wie viel Erfahrung die Briten bei der Umsetzung ihrer Ideen zurückgreifen können. Die vier Herren wissen ganz genau, was sie wollen – und setzen das auch um.
So weit, so gut. Jetzt die Kehrseite der Medaille: WISHBONE ASH wollen einfach zu wenig, dieser Eindruck drängt sich mir während der fast 66 Minuten ein ums andere Mal auf. Vielleicht hat es mit den sprichwörtlichen Lorbeeren zu tun, auf denen sich WISHBONE ASH ausruhen, vielleicht ist es Sturheit oder Gleichgültigkeit angesichts der modernen Entwicklung härterer Klänge – aber echte Akzente setzen Andy Powell und seine Mitstreiter nicht. Mehr noch: Mir scheint fast, als sei die Verknüpfung von textlichen Inhalten und musikalischem Ausdruck bei WISHBONE ASH nur Nebensache – so liegen die Strophen des äußerst sozialkritischen „Big Issues“ über einem funkigen Bassmotiv, das von Trennungsschmerz handelnde „Warm Tears“ ist der wohl groovigste Song des Albums. Hm? Ach ja, und dann wären da noch die latent religiösen „Man With No Name“ und „Searching For Satellites“, deren Texte die Grenze zum Kitsch deutlich überschreiten…
Nun, was also ist „Elegant Stealth“? Ein grundsolides Rock-Album, das von echten Könnern geschrieben und aufgenommen wurde. Mehr aber auch nicht.
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