Eigentlich zitiere ich ungerne. An dieser Stelle macht es aber Sinn, denn ein schreibender Kollege urteilte über das dritte Album “Judas” der ungarischen Metaller von WISDOM: “Beim ersten Hören schon alles im Ohr! Hymne um Hymne – megafett!”. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. WISDOM haben sich dem europäischen Power Metal verschrieben und dabei besonders auf die Mitsingtauglichkeit der Songs Wert gelegt.
Alte HELLOWEEN-, FREEDOM CALL- und EDGUY-Jünger dürfen jetzt schon die Bleistifte spitzen und sich “Judas” auf den Einkaufszettel schreiben. Wer fröhlich um sein im Wohnzimmer entzündetes Lagerfeuer tanzt und dabei lauthals vor Freude singt, ist bei den Ungarn definitiv an der richtigen Adresse. Die Melodien gehen ins Ohr und man kann deutlich hören, wie viel Mühe sich WISDOM gegeben haben diese auch anständig zu arrangieren. Das war kein Schnellschuss. Die verschiedenen Singstimmen sind optimal aufeinander abgestimmt und man kann auch keine falschen oder nicht getroffenen Töne ausmachen. Sänger Gábor Nagy besitzt zudem eine sehr warme, charismatische Stimme mit der er den Hörer durchaus zu fesseln weiß. Man braucht hier auch keinen einzelnen Song aus der Masse hervorzuheben, weil man sie alle sofort beim ersten Durchgang mitsingen kann. Dank der sehr guten Produktion werden die Melodien ins passende Licht gerückt. Allerdings frage ich mich, wie die Jungs das live umsetzen wollen.
Im instrumentalen Bereich haben sich WISDOM nicht sonderlich weit aus dem Fenster gelehnt. Vielmehr spielen die Ungarn mit den für europäischen Power Metal typischen Elementen wie melodische Soli, gelungene Balance zwischen schnellen und getragenen Nummern und hier und da ein einprägsames Riff. Einprägsame Riffs finden sich aber nicht so viele auf “Judas”, was der Platte doch einige Abzüge einbringt. Das dritte Album von WISDOM ist vollends auf den Gesang ausgelegt, so dass knackige Riffs oder überraschende Songwendungen hier klar in der Minderheit sind. Das ist echt schade, denn das Quintett hat ohne Zweifel Talent. Man kann den Songs anhören, dass da auf jeden Fall noch Luft nach oben ist. Mir jedenfalls kommt da vom instrumentalen Bereich zu wenig. Klar, die Sachen sind alle souverän eingespielt und Spielfehler finden sich auf “Judas” keine. Um sich aber wirklich von der Masse abzuheben reichen ausgefeilte Vocal-Arrangements aber leider nicht aus. Dass die Jungs es auch anders können zeigen sie bei dem sowohl aggressiven als auch (wieder) sehr melodischen “At The Gates”. An der Nummer hätten sich WISDOM gerne ein paar Mal mehr orientieren dürfen.
Unter dem Strich bleibt somit ein leicht fader Beigeschmack, der aber eigentlich jammern auf hohem Niveau ist, denn für die Zielgruppe gehört diese Scheibe in die Nähe des heimischen Sammet-/Kiske-Gedächtnisaltar gerückt. Gute Platte mit allerlei Ohrwürmern, die Spaß machen, aber auch nicht darüber hinweg täuschen können, dass musikalisch beim nächsten Mal mehr kommen muss. Für Fans von europäischen Power Metal ist “Judas” aber trotzdem ein Pflichtkauf.
Kommentare
Sag Deine Meinung!