Der erste Eindruck von „Erdling“ ist irgendwie billig: Auf der Vorderseite des Albums ist ein in 3D animierter Fötus mit roter Kappe, Tattoos und Earplugs zu sehen, an den sich einige Leute sicherlich stoßen können, ganz bestimmt aber nicht die Zielgruppe, die Daniel Wirtz mit seinem zweiten Soloalbum ansprechen will. Glücklicherweise verspricht der Inhalt des 2009 veröffentlichten Albums dann auch weitaus mehr. WIRTZ verbindet erneut alternative Rockmusik mit deutschen Texten, und erinnert dabei ein Stück weit an die Hamburger SELIG, die mit genau dieser Mischung in den 90ern einige Erfolge feiern konnten.
WIRTZ beeindruckt auch auf „Erdling“ mit einer bildhaften und direkten Sprache, mit seinem einzigartigen Gesang und mit unkonventioneller Musik weitab des Mainstreams, wobei ausnahmslos jeder Song das Potential zur Pop-Rock-Hymne hat. Das beginnt mit dem Opener „Im Freien Fall“, setzt sich mit dem groovigen „Geschichten Ohne Sieger“ oder dem ruhigeren „Scherben“ fort, und endet schließlich mit einer kräftig rockenden Nummer wie „L.M.A.A.“, mit der auf alles geschissen wird was der Rest der Welt von diesem Album hält, oder dem melancholischen „Nada Brahma“.
Daniel Wirtz und seine Bandkollegen wissen ganz genau, wie sie zum Kopfnicken und Mitsummen animieren. Die glasklare und trotzdem druckvolle Produktion macht „Erdling“ schließlich zu einer runden und vor allem abwechslungsreichen Sache, an der jeder Gefallen finden kann, der entweder auf Grunge-Bands steht, oder deutschsprachige Rockmusik liebt, und diese vor allem auf einem gewissen Niveau genießen möchte, fernab von hormonbedingter Prollerei oder hanebüchenem Kitsch.
Gewisses Niveau? Fernab von hormonbedingter Prollerei? Also, ich habe den Knilch dieses Jahr auf dem Reload Festival live erleben „dürfen“, und das war das genaue Gegenteil dieser Aussagen. Dämliche, stumpfe Texte und prollige Ansagen waren da zu erleben. Seitdem ist Daniel Wirtz bei mir völlig unten durch.