Winterhorde - Nebula

Review

Black Metal aus Israel wird auch 2006 in unseren Breitengraden noch nicht wirklich wahrgenommen. Eigentlich verwunderlich, denn wenn man es mal ganz nüchtern betrachtet: welche Bands, wenn nicht die aus solchen krisengeschüttelten Regionen, können authentischen Black Metal machen? Über Krieg singen und ihn toll finden können viele, aber diese Bands erleben ihn täglich! Umso bemerkenswerter, wenn man sich dadurch nicht unterkriegen lässt und sich dennoch dem Erschaffen von Kunst widmet.

Ja, ich schreibe Kunst, auch wenn man bei vielen Veröffentlichungen nicht wirklich davon sprechen kann, hier ist es tatsächlich der Fall, allerdings ein wenig versteckt. Auf den ersten Blick, beziehungsweise das erste Hören, erscheint die Platte nämlich sehr dicht, beinahe verworren und stellt sich mir als technischer Black Metal mit leichten Death-Metal-Anleihen, der gelegentlich von Keyboards unterlegt wird, dar.
Doch der Schein trügt. Gewiss, die Musik ist damit schon recht passend umschrieben, aber was für eine Fülle an herrlichen Riffs, verrückten Keymelodien und ausgefeilten Gesangsfacetten den Hörer da erwarten, erschließt sich erst nach gewissenhaftem Lauschen.

Und so ziehen die sechs Mannen hier wirklich alle Register, ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll. Nehmen wir das metaltypischste Instrument: die Klampfe. Seth und Lex an eben dieser sind nämlich wirkliche Meister ihres Fachs, die von melancholischem Saitenspiel ( man belausche einfach nur “The Ultimate Redemption“), über klassische Heavy-Metal-Soli bis hin zu cleanen Spielereien alles drauf haben. Dabei wirkt das Zusammenspiel dieser Parts aber keineswegs erzwungen; organisch sind sie in das restliche Geschehen eingebettet.

Zu diesem opulenten Hörerlebnis trägt ebenso Z. Winter seinen Anteil bei, nämlich den Gesang. Meine Güte, der Mann hat ein Organ, ich glaub es hackt. Kreischen, herrlich tiefes Growlen, Klargesang, Shouts, es scheint nichts zu geben, was er nicht beherrscht. Und besagte Gesangsstile befinden sich keinesfalls aus Gründen der Angeberei auf dem Album! Nein, die Stimme passt sich wirklich jeder Situation an: wird geknüppelt, dann kreischt und grunzt der Meister in einer Inbrunst, die mir selten zu Ohren gekommen ist. Wird das Tempo gedrosselt, dann sorgt die klare Stimme für Gänsehaut. Auch hier gibt es nichts zu meckern. Die Arbeit des Schlagzeugers soll allerdings ebenso nicht unerwähnt bleiben, ist, ihr habt es euch gedacht, auch er ein sehr Guter. Fachgerecht zerlegt er sein Kit, mal in rasender Geschwindigkeit, mal im Midtempo, begleitet von einer mächtigen Doublebass, die einfach alles niederwalzt, für meinen Geschmack aber ein wenig zu sehr getriggert klingt. Da will der Basser doch nicht hinten anstehen und unterstützt mit seinem druckvollem Spiel die Doublebass gleich auch noch mit, als wäre diese nicht schon brutal genug.

Tja, all diese Zutaten für sich allein wären schon ausreichend für ein gutes Album. Doch einen haben wir noch, denn diese Synths sollten nicht unerwähnt bleiben. Erinnern mich die Keys mancher Bands eher an den verzweifelten Versuch eines dicken Kindes mit Wurstfingern, welches aus diesem schwarzen Kasten ein paar Töne entlocken will, so zeigen uns die Herren aus Nahost, wie man dieses Instrument gewinnbringend, sprich gut, einsetzt. Ob orientalisch angehaucht wie in “Hate Parade“, bei denen das Marsch-ähnliche Geschehen durch majestätisch-erhabene Bläser unterstützt wird, oder als wunderschönes Intermezzo in “Propaganda“, wo es klassische Anleihen zeigt- Morgenrot hat seine Tasten im Griff.

Nach all der Theorie wäre es nun natürlich von Vorteil, euch mal ein paar Vergleichsmöglichkeiten zu geben, was allerdings gar nicht so leicht ist, schließlich haben wir es hier mit einem wirklich großen Brocken Musik zu tun. Ich behaupte also einfach mal kess, dieses schöne Scheibchen liegt irgendwo in der Schnittmenge von LIMBONIC ART und NILE, ist aber dennoch meilenweit von diesen Bands entfernt, zu eigenständig wird das Material hier dargeboten. Als grobe Orientierung sollte es aber ausreichen. Und nun sitzt ihr noch immer vor dem PC und lest dieses Review? Haut ab und holt euch die Scheibe!

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02.11.2006

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3 Kommentare zu Winterhorde - Nebula

  1. matthias ehlert sagt:

    Geniales Album, melancholisch, aggressiv, dynamisch, facettenreich, düster…
    Die Mischung aus Nord und Nahost stimmt.

    9/10
  2. hackfin sagt:

    Also wenn ich mir die Konkurrenz so betrachte muss ich hier feststellen, dass für eine nahezu perfekte Wertung schon noch einiges an Biss fehlt. Ordentliche Scheibe, mit jedoch nicht zu unterschätzenden Tiefpunkten (……….langeweile……). Kaufempfehlung nur an Genrefanatiker.
    -> Knappe 7 Punkte.

    7/10
  3. Anonymous sagt:

    Kann mich nur dem "Matze" anschließen. Geheimtipp!

    9/10