Metalcore wo man hinschaut dieser Tage. Es vergeht keine Woche, in der sich nicht eine so geartete neue Band auf den Plan drängelt. Wie bei jedem Trend könnte man sich fragen, inwiefern das jetzt noch Sinn macht, da der Kuchen ja sowieso schon verteilt ist und eigentlich nur noch Krümel abzustauben sind. Einerseits ist das die Voraussetzung für das darwinistische Gesundschrumpfen der Subszene auf ein Normalmaß, auf der anderen Seite besteht natürlich die Gefahr, dass somit einige Krümel mit Zuckerguss, um bei der Metapher zu bleiben, unter den Tisch fallen. Die Konkurrenz ist groß und wer jetzt noch punkten will, muss ganz schön was auf den Tisch legen, denn beim nächsten Album könnte die perfekte Welle schon wieder gebrochen sein. Dass aber selbst das kein Garant für Erfolg – und somit ein Beleg für die Zuckergusskrümeltheorie – ist, zeigt der hohe Anteil an unbekannten aber hochwertigen Bands in dem Bereich.
Zu diesem Kaffeekränzchen gesellen sich nun auch WINTER SOLSTICE, die ihre Einladung ihrem Debütalbum „The Pulse Is Overrated“, zahlreichen energiegeladenen Auftritten in ihrer Heimat Land of the Free/Home of the Brave und nicht zuletzt dem Gespür Metal Blades für die Gezeiten verdanken. „The Fall Of Rome“, so der Titel des Zweitwerkes der Lynchburger, gehört dabei eindeutig zu den Metalcore Outputs, die die Betonung auf den ersten beiden Silben tragen. Die Hardcore-Komponente spielt hinter dem Melo-Metal eindeutig die zweite Geige. Eben dieser gibt mit seinem oftmals schwedischen Touch nicht nur Richtung sondern auch Geschwindigkeit vor, mit der hier zu Werke gegangen wird. Und die ist nicht von schlechten Eltern, lassen die fünf Jungs, von ein paar groovigen Breaks abgesehen, in der Hinsicht doch nichts anbrennen! Besonders Schlagwerker Duke Cuneo gefällt hier mit seinem tighten Drumming, führt er sich doch auf wie ein sadistischer Taktgeber auf einer römischen Galeere. An der Saitenfront sieht es da hingegen ein wenig anders aus: viele der Riffs ähneln sich einfach zu sehr, als dass sich ein großer Wiedererkennungswert einstellen könnte. Zu diesem Umstand trägt aber auch Schreihals Matt Tarpey seinen Teil bei, der mit seinem hysterischen Gekeife nicht nur seine Stimmbänder sondern auch meine Nerven zu Grunde richtet. Oder kann es normal sein, dass man während der gesamten Spielzeit der Platte den ständigen Drang verspürt, sich zu räuspern? Im Großen und Ganzen ist „The Fall Of Rome“ beileibe kein schlechtes Album und macht eine Weile auch wirklich Spaß. Trotzdem bleibt am Ende nicht mehr übrig als gutes Mittelmaß, da man über die eigenen Beine stolpert und im Vergleich zu den Bands, die bereits ein großes Stück Kuchen auf dem Teller haben, einfach den Kürzeren zieht. „The Fall Of Rome“ hört sich an, als ob bei WINTER SOLSTICE mehr drin sein könnte. Ob das nächste Album allerdings einschlägt, hängt jedoch sicher zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil von den Gezeiten ab.
Das bislang beste Album des Jahres und die beste Metalcore-Platte seit "Antigone". Eigentlich ist sie sogar gleich gut…