Wilderun - Epigone
Review
WILDERUN sind, man kann es nicht anders sagen, richtiggehende Senkrechtstarter. Spätestens mit ihrem letzten Album „Veil Of Imagination“ (2019), das erste über Century Media Records und damit auch das erste überhaupt ein größeres Label, haben sich die Amis eine recht ansehnliche Fanbase erobert. Nun liegt der Nachfolger „Epigone“ vor, das inzwischen vierte Studioalbum der 2012 gegründeten Band. Können WILDERUN an den grandiosen Vorgänger anknüpfen oder sich gar noch steigern?
WILDERUN folgen mit „Epigone“ einem lyrischen Konzept
Ein Epigone ist ein Anhänger oder Nachahmer, normalerweise im Kontext von Kunst oder Philosophie. Jeder Song des Albums setzt sich in einem anderen Blickwinkel mit dem Konzept auseinander. Es geht hierbei auch um die persönliche Perspektive der Bandmitglieder mit der Idee, ein Künstler zu sein und deren Gefühle dazu, als auch um persönliche Erfahrungen und Erinnerungen an die eigene Vergangenheit. Und die waren wohl nicht immer nur positiv, wenn man sich mit „Epigone“ auseinandersetzt.
Isolation, düstere Zeiten, dunkle Klanglandschaften
Musikalisch folgen WILDERUN mit „Epigone“ dem eingeschlagenen Weg grundsätzlich weiter. Eigenwilliger, epischer Prog-Sound im Breitwandformat. Raffiniert, Theatralisch, bombastisch, symphonisch, eine explosive Mischung aus progressiven und orchestralen Arrangements, die immer wieder Genregrenzen sprengt. WILDERUN verstehen es wie die teilweise ähnlich gelagerten Vorreiter OPETH, AMORPHIS, HAKEN oder DEVIN TOWNSEND, komplexen Prog Rock/Metal mit hartem Melodic Death Metal, AOR Hooks, melancholischem Folk und Symphonic Metal gekonnt miteinander zu vermischen und das Ergebnis sowohl homogen als auch originell und angenehm frisch wirken zu lassen. Und schütteln sich dabei ganz nebenbei zuhauf denkwürdige Melodien ganz lässig aus dem Ärmel.
Auffällig ist, dass „Epigone“ dabei deutlich dunkler, düsterer und die Songs auch etwas kompakter als dem Vorgänger ausgefallen sind. Dies mag dem lyrischen Konzept geschuldet sein, aber sicherlich auch der Umstände, unter welchen „Epigone“ entstand – der Corona bedingten Trennung der Bandmitglieder voneinander. Hierbei griff WILDERUN-Mastermind Evan Anderson Berry (Sänger und Gitarrist) auch viele alte musikalische Ideen auf, die teilweise nie für WILDERUN gedacht waren. Das Songwriting für das Album fand für die Mitglieder einsam aus der Distanz statt, Ideen mussten hin- und hergeschickt werden. Die Isolation ging auch während der Aufnahmen weiter, während Wayne Ingram insbesondere seine Orchestrierungen in seinem Heimatstudio in Kalifornien aufnahm, traf sich der Rest von WILDERUN in Syracuse, New York.
„Epigone“ wird durch den eindringlichen und dennoch verträumten Akustik-Auftakt „Exhaler“ eingeleitet, ehe das 14minütige Epos „Wolfgatherer“ folgt, beständig Fahrt aufnimmt und für mehr Tempo und Dynamik sorgt. Hier fällt auch gleich auf, dass die epischen Orchesterpassagen noch cineastischer, noch authentischer und einheitlicher wirken als noch auf „Veil Of Imagination“. Und der Anteil der Folk-Elemente ist auch wieder etwas höher als zuletzt, was dem Album einen etwas erdigeren Charakter gibt. Zugleich folgen die Kompositionen von WILDERUN einem etwas klarer erkennbaren Spannungsbogen. Aber es bleibt im Breitwandformat, alleine „Wolfgatherer“ pendelt schon zwischen folkloristischem Symphonic Prog, dazu akzentuierende Blast Beats, Growls, Konserven-Orchester und immer wieder die Rückkehr zu den Ursprungs-Themen.
„Passenger“ ist direkter, treibender und dichter und wird insbesondere von Evans Gesang und klassischen Arrangements innerhalb des raffinierten Prog Metals getragen. Bei „Identifier“ verknüpft die Band die klassischen WILDERUN-Orchestrierungen mit neuen Synthesizer-Klanglandschaften, Extrem Metal und Folk. Ein weiterer Höhepunkt von „Epigone“ ist das proggige Meisterstück „Distraction“, ein vierteiliges insgesamt 20minütiges Epos voller breitwandigem Ausdruck und Atmosphäre.
Kleine Neuerungen halten die Klangwelten von WILDERUN frisch
Mit „Epigone“ haben sich WILDERUN erfreulicherweise nicht drastisch von „Veil Of Imagination“ verändert. Das neue Werk zeigt die Band nochmals gereift, die Klangwelten wurden im Detail verfeinert, alles wirkt etwas organischer. Ein tolles, anspruchsvolles und mitreißendes Hörerlebnis!
Wilderun - Epigone
Band | |
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Wertung | |
User-Wertung | |
Stile | Art Rock, Folk, Melodic Death Metal, Progressive Metal, Symphonic Metal |
Anzahl Songs | 9 |
Spieldauer | 62:42 |
Release | 07.01.2022 |
Label | Century Media Records |
Trackliste | 01. Exhaler 02. Woolgatherer 03. Passenger 04. Identifier 05. Ambition 06. Distraction I 07. Distraction II 08. Distraction III 09. Distraction Nulla |