Ich stehe Reunions grundsätzlich eher kritisch gegenüber und fühle mich durch lustlose Shows und schwache Comeback-Alben zahlreicher Acts auch durchaus darin bestätigt. So war es auch zunächst bei dieser Live-Scheibe von David Coverdales WHITESNAKE, die Platte wanderte in meinem CD-Stapel regelmäßig ein Stück weiter nach unten. Irgendwann konnte ich es nicht mehr verhindern, das Teil in den Player zu schmeißen und wurde schlussendlich sehr positiv überrascht.
Als erstes fällt der gelungene Sound auf, der trotz aller Transparenz und trotz allen Druckes authentisch und absolut live klingt. Obwohl die Band heutzutage aus extrem starken Instrumentalisten besteht, passieren hier und da kleine Fehler, die angenehmerweise nicht geschnitten wurden. Besonders Meister Coverdale selbst ist sich der Tatsache bewusst, dass er zum einen nicht mehr der Jüngste ist und zum anderen ein echtes Live-Erlebnis nicht unbedingt auf Perfektion beruht, so dass besonders er sich einige symphatische Schnitzer leistet.
Die Songauswahl berücksichtigt den größten Teil der WHITESNAKE-History (legt den Fokus aber deutlich auf die Achtziger) und begeistert mit Evergreens wie dem Titel gebenden ‚Walking In The Shadow Of The Blues‘, ‚Fool For Your Loving‘, dem treibenden Opener ‚Bad Boys‘ und unverzichtbaren Klassikern der Marke ‚Here I Go Again‘ oder ‚Slide It In‘. Ein weiteres Highlight stellt dabei das gut arrangierte ‚Burn’/’Stormbringer‘-Medley aus Coverdales DEEP PURPLE-Phase dar.
Das begeisterte Publikum (das allerdings mit technischen Hilfsmitteln sehr wahrscheinlich deutlich aufgebläht wurde) wird mit Mitsingspielchen bei ‚Ain’t No Love In The Heart Of The City‘ und ‚Don’t Break My Heart Again‘ zur völligen Raserei gebracht, während sich die Musiker – allen voran das Gitarrentandem Doug Aldrich und Reb Beach – in einen wahren Rausch spielen. Bei einer Altmeistershow dürfen natürlich auch Gitarrensoli nicht fehlen, obwohl sowas heutzutage sicherlich keiner mehr braucht, zumal die beiden Sechssaiter sowieso in jedem einzelnen Song brillieren. Zwar wird ihnen von vielen Seiten vorgeworfen, sie brächten den gefühlvollen Blues-Anteil in WHITESNAKE-Songs nicht richtig rüber, aber das halte ich für übertrieben. Vor allem wenn man bedenkt, dass bei dieser Band bereits ein gewisser Steve Vai gezockt hat, der ja nun wahrlich nicht für sein gefühlvolles Spiel bekannt ist.
Der Live-Teil kann also schonmal überzeugen, wie aber schneiden die vier neuen Stücke ab, die auf der zweiten CD platziert sind? Eigentlich gar nicht so schlecht. Die Ballade ‚All I Want Is You‘ finde ich persönlich zwar ein wenig kitschig, aber das ist bei WHITESNAKE ja nichts Neues. ‚If You Want Me (I’ll Come Running)‘ ist ein solider Radiorocker, und ‚Ready To Rock‘ sowie ‚Dog‘ sind Hardrock-Kraftfutter der gehobenen Kategorie, die sicherlich jedem alten Fan gefallen werden.
Fans von WHITESNAKE müssen hier definitiv zuschlagen, denn „Live-In The Shadow Of The Blues“ ist qualitativ und quantitativ eine echte Vollbedienung. Allerdings dürfte es für die Band schwer werden, damit neue Fans zu gewinnen, denn aus heutiger Sicht ist dieser Sound natürlich völlig antiquiert. Aber das ist sicherlich auch nicht die Intention von WHITESNAKE, und wir alten Leute können uns sehr wohl noch an dieser Musik erfreuen.
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