Als kleines brachiales Live-Schmuckstück entpuppt sich WHITECHAPELs CD- und DVD-Paket „Brotherhood Of The Blade“. Gefüllt mit einer großen Portion Live-Action in Bild und Ton wird das Package von einer knapp doppelt so langen Dokumentation abgerundet, die das Augenmerk auf das Tourleben, die Band-Entwicklung der letzten Jahre und die Portraits inzwischen sehr professionell und erwachsen gewordener Musiker richtet. Interessant ist hierbei, dass es sich um ein Crowdfunding-Projekt handelt, welches gen Ende tatsächlich fast doppelt so viel Kapital mit sich brachte wie anfänglich angepeilt worden war. Natürlich hatten die monetären Bezuschusser noch weit vor uns die Möglichkeit, die Aufnahmen anzusehen, aber nun ist es endlich auch für den Otto-Normal-Zuschauer so weit.
Eigentlich könnte (oder sollte) man annehmen, dass eben diese mehr als zweistündige Dokumentation schon Grund genug dafür sein sollte, sich das gute Teil bei genre-betreffendem Interesse anzusehen, jedoch handelt es sich (leider?) vielmehr um eine „Imagebroschüre“ mit Fahrstuhlmusik-Faktor. Mit mehr oder minder übertrieben platzierten Landschaftsaufnahmen, befremdlich anmutender musikalische Untermalung (welche Band macht eine Doku nahezu ohne bandeigene Musik – dazu noch mit eher „unpassender“?) und einem Bandportrait, welches zwar den Eindruck vermittelt, dass es sich nach wie vor um bodenständige Menschen handelt, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben, jedoch sind die Abschnitte über die einzelnen Bandmitglieder bei aller Ausführlichkeit recht nichtssagend und schon allein wegen der gelieferten Bandbreite hauptsächlich Futter für die Fans, die sich für mehr als nur WHITECHAPELs Musik interessieren. Somit kristallisieren sich – und das ist ehrlich gesagt überraschend – der Live-Mitschnitt wie auch das Musikmaterial, was vorab eher als Zugabe des Pakets eingeschätzt wurde, als eigentliche Stärke von „Brotherhood Of The Blade“ heraus.
Das mit den Live-Mitschnitten ist dabei immer so eine Sache, denn letztendlich ist es (meist) schön anzuhören, gleicht aber – wie es bei Touren nun Mal so ist – entweder einer Best Of des aktuellen Albums oder aber der gesamten Diskographie. Ist in diesem Fall aber nahezu hinfällig, denn wenn eine Sache besonders deutlich wird, dann die Wucht, mit der die Jungs an diesem Tag in ihrer Heimatstadt Knoxville den Laden abreißen, und die macht auch vom Sofa aus ordentlich Laune. Nicht nur Ben, Alex und Zach brettern wie ein Sturm über die Bühne, auch Kopf und Stimme Phil Bozeman liefert eine beachtliche Show ab. Hierbei sind die Jungs kaum noch, was man vor ein paar Jahren auf der Bühne beobachten konnte: Professionalität und Show stehen im Vordergrund und insbesondere Phil hat stimmlich, vielleicht auch durch seine Erfahrungen an der SUICIDE SILENCE-Front, an Aggressionspotential und Bedrohlichkeit, sowie mit durchgehend gleichbleibend überzeugender Leistung, einen riesengroßen Schritt nach vorne gemacht.
Die Setlist ist dabei eine Mischung aus dem anteilig mit sechs Songs dominierenden letzten Album „Our Endless War“, dem 2012er Album „Whitechapel“, dem bekanntesten „This Is Exile“-er und tatsächlich sogar zwei Tracks aus dem 2007 erschienenen Erstling „The Somatic Defilement“. Somit bleibt ein Album zwar gänzlich „unbesungen“, aber der Auftritt ist zusammengefasst großes Kino und klingt auch ohne Bild, also nur beim Zuhören, mitreißend, weswegen „Brotherhood Of The Blade“ jedem Live-zugeneigten Hörer und Zuschauer wärmstens zu empfehlen ist. Die Doku muss man ja nicht unbedingt (ganz) anschauen.
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