Whipstriker, Ice War - Split

Review

Es geht ein Poltern durch den brasilianischen Urwald und die kanadische Wildnis. Auf der vorliegenden Split-EP treffen mit WHIPSTRIKER und ICE WAR zwei Bands aufeinander, die ihren Metal noch urwüchsig und roh mögen. Entsprechend sucht man Schöngeist und musikalisches Feingefühl hier vergeblich.

WHIPSTRIKER verneigen sich vor Cronos und Co.

Den Anfang machen die 2008 gegründeten WHIPSTRIKER aus Rio de Janeiro. Die Band hat schon vier Alben sowie zig Demos, Splits und EPs im Patronengurt und bietet hier auf drei Songs rotzigen Ursuppen-Heavy-Metal mit Punk-Schlagseite. Größter Einfluss sind und bleiben ganz offenkundig die frühen VENOM, deren Sound die Brasilianer bis zur letzten Note aufgesogen haben. Zugegeben, besonders viele Noten sind das natürlich nicht, dennoch hat das gradlinige Gepolter durchaus einen gewissen nostalgischen Charme.

Zumal Bandkopf Whipstriker mit seinem heiseren Gebell einen derart überzeugenden Cronos mimt, dass man hier tatsächlich zweitweise meinen könnte, ein unentdecktes Frühwerk der Satansbraten aus Newcastle aufgetan zu haben. Ein flottes Solo bei „Rot in Trench“ zeigt, dass man bei aller primitiven Unbändigkeit durchaus seine Instrumente beherrscht, ansonsten schlagen die drei Stücke aber alle in die gleiche Kerbe.

Was WHIPSTRIKER hier abliefern ist ab und zu mal ganz unterhaltsam, allerdings tummeln sich grade in Brasilien Scharen ähnlich gearteter Bands, von denen man sich kaum abhebt. Außerdem kann alle Nostalgie nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Truppe wie MIDNIGHT diesen Stil deutlich frischer ins Hier und Jetzt transportiert hat. Weiter also zu ICE WAR.

ICE WAR setzen auf Speed

Hinter ICE WAR steckt der Kanadier Jo Capitalicide (“vermutlich“ ein Synonym), der zugleich das einzige Bandmitglied ist und sich somit wohl den Titel Mastermind verdient hat. Auch er hat es seit 2015 bereits auf stolze vier Alben und unzählige kleinere Veröffentlichungen gebracht, wobei auch hier fraglich ist, ob das nun an unbändiger Kreativität oder schlicht an der unbeholfenen Art der Musik liegt.

ICE WAR jedenfalls setzt auf urzeitlichen Speed Metal, dessen Punk-Einschlag nochmal deutlich ausgeprägter daherkommt, als bei den Split-Partnern. Das liegt neben der hohen Geschwindigkeit auch an dem immer mal wieder leicht neben der Spur liegenden Gesang und der sicherlich mit voller Absicht etwas dünnen Produktion. ICE WAR jedenfalls transportiert glaubhaft die Unbekümmertheit einer Band in den frühen 80ern, die sich trotz noch eingeschränkter spielerischer Fähigkeiten nicht davon abhalten lässt, ihre Musik fleißig unters Volk zu bringen. Wem METALLICA nach „Hit the Lights“ eigentlich schon zu glatt wurden und wer von EXCITER nur das Demo mochte, könnte hier durchaus Spaß haben.

Wie schon WHIPSTRIKER spielt auch ICE WAR Musik, die sich an eine recht eingeschränkte Zielgruppe richtet, dabei trotz eines kurzfristigen Unterhaltungsfaktors aber nicht unbedingt aus der Menge heraussticht. Wenn man die Entwicklung des Heavy Metal nach den frühen 80ern aus Überzeugung ignoriert oder einfach mal für zwanzig Minuten die Nostalgiebrille aufsetzen will, dann geht das hier schon klar. Alle anderen können und werden das Teil wohl getrost ignorieren.

14.04.2021

"Musik hat heute keinen Tiefgang mehr." - H.P. Baxxter

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