Wheel - Charismatic Leaders

Review

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Der Wahlfinne James Lascelles und seine Rasselbande lassen das Rad wieder in voller Länge rotieren. Nachdem WHEEL (nicht zu verwechseln mit den gleichnamigen Doomstern aus Dortmund) ihrem zweiten Langspieler „Resident Human“ eine EP namens „Rumination“ nachschoben, hat es zwei Jahre gedauert. Doch nun kommen die Modern Prog Metaller aus Helsinki wieder mit einem Vollzeitalbum um die Ecke, das sich „Charismatic Leaders“ nennt und die Entwicklung des Vorgängers fortsetzt. Heißt: Während das TOOL-Backdrop (spezifisch „10.000 Days“) nach wie vor präsent ist, spinnen die offenbar zum Trio geschrumpften Finnen – der Tieftöner Aki Virta scheint nicht mehr mit von der Partie zu sein – den Sound weiter in etwas Eigenständigeres, dessen Grad an Heaviness ungleich höher ist als bei den Vorbildern.

Dreht das Prog-Metal-Rad auf „Charismatic Leaders“ noch unregelmäßiger als zuvor?

Doch „Charismatic Leaders“ geht noch einen Schritt weiter. Auf „Resident Human“ aufbauend ist dies das vielleicht komplexeste Album der Finnen, das bisweilen den Eindruck erweckt als hätte man eine Aversion gegen geradlinige 4/4-Takte entwickelt. Diese bilden hier entsprechend eher die Ausnahme, sind vor allem in „Disciple“ aber in höherer Dichte vertreten. Abseits dessen sind die Songs zum Großteil in unregelmäßigen, gefühlt sich stets wandelnden Taktarten gehalten, wodurch die Platte im ersten Moment erst einmal recht sperrig gerät. Die Band findet jedoch wiederum in der Heaviness und den Grooves, die sich vor allem durch polyrhythmische Konstrukte erzeugen (v. a. „Submission“), Wege, um ihre Songs in die Gehörgänge der Hörerschaft zu zwängen.

Ein weiterer Faktor ist Lascelles Gesang, der zwar nicht die Intuition eines Maynard James Keenan oder Ross Jennings inne hat, sondern etwas kühler agiert, aber dennoch einen unverändert guten Job macht. Er bleibt meist im gleichen Timbre verhaftet, tänzelt gesanglich aber auch mal gern um die Harmonien herum, sodass es spannend bleibt. Sein Hook-Potential schöpft er aber trotz der allgemein vorherrschenden Komplexität des Sounds angemessen aus. Das bereits angesprochene „Disciple“ liefert einen guten Eindruck dessen mit den Gesangslinien, die förmlich majestätisch über das Geschehen hinweg segeln. Nur bei „Porcelain“ hievt er mit einem einzelnen Schlenker die Augenbrauen empor, der nach übelstem Post-Grunge-Scheißdreck klingt, der zum Glück aber genauso schnell verschwindet, wie er aufgetaucht ist.

WHEEL belohnen jedenfalls die Langzeitinvestition

In Sachen Sound bleibt es im Hause WHEEL kantig, knackig und wuchtig, was angesichts des im Schnitt recht gemächlichen Tempos der Songs auch nötig ist. Leider geht aus der Presseinfo nicht hervor, wer für die knorzenden Basslinien verantwortlich ist, aber diese bieten eine angenehm texturierte Grundlage für das Geschehen, in dem sich Lascelles und Lead-Klampfer Jussi Turunen heavy aufspielen, allerdings auch nicht mehr so dreckig wie bei den Vorgängern und heuer mit etwas mehr Präzision. Die Impulsivität haben sie sich dennoch beibehalten, sodass die Songs regelmäßig auf große, mächtige und kathartische Eruptionen zugeschrieben sind.

Thematisch spielen WHEEL mit „Charismatic Leaders“ mit offenen Karten, geht es schließlich hier um Diktatoren, Demagogen, Kriegstreiber und dergleichen mehr, wobei die Band den Fokus ihrer Betrachtungen auf die Gegenwart richtet. Lascelles‘ Lyrik transportiert die Thematik angenehm subtil und verabreicht diese nicht stumpf und tollpatschig mit dem moralischen Vorschlaghammer, den man sonst im Metal gewohnt ist. Das würde auch nicht zu diesem Album passen, bei dem man wirklich voll bei der Sache bleiben muss. Damit steigt „Charismatic Leaders“ selbstredend nicht zum Instant Classic auf, aber es wächst mit jedem Durchlauf. Geduld wird anno 2024 also im Hause WHEEL belohnt.

16.05.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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