Welicoruss - Siberian Heathen Horde

Review

Die sibirische Horde will Europa einnehmen. Das ist zumindest der Plan von Sänger und Namensgeber Alexey ”WelicoRuss” Boganov. Zuerst sah der Schlachtplan die Übersiedlung von Nowosibirsk nach Prag und die Rekrutierung neuer Kampfesgenossen vor. Streitäxte sind ja eher Waffen für den Nahkampf. Parallel wurde obendrauf fleißig Englisch gelernt. Russisches Kriegsgeschrei erschreckt hier ja keinen, weil es keiner versteht. Der geneigte Leser wittert vermutlich einen ironischen Unterton. Vollkommen zurecht.

Der Blick auf das aktuelle Bandfoto von WELICORUSS löst das Rätsel, wer jetzt die Winterklamotten von Conan der Barbar aufträgt. Das Video zum Opener des neuen Silberlings, ”Spellcaster”, wirkt, als seien die russischen Krieger direkt aus der Zeit in eine Rockerkneipe gefallen. Solcherlei Optik ist sicherlich eine Frage des Geschmacks. Aber die Art der Darbietung, die zwischen arg gewollt und unfreiwillig komisch schwankt, erschwert den unvoreingenommenen Blick auf die Musik schon beträchtlich.

WELICORUSS blasen zum Sturm auf Europa

Aber WELICORUSS sind ja bei weitem nicht die Einzigen, die die Geister mit einer, nennen wir es, martialischen Aufmachung scheiden. Daher Augen zu und nur der Musik gelauscht. Besagtes ”Spellcaster” geht nach Synthie-Kriegstrommeln und russischen Schwüren noch symphonischer zu Werke als die Vorgänger. Ganz prinzipiell hat auf ”Siberian Heathen Horde” der Pomp aus der Keyboardkonserve die folkloristische Instrumentierung endgültig ersetzt. Das erinnert nicht selten an neuere DIMMU BORGIR oder auch gerne mal an FINSTERFORST auf Wodka.

An vielen Stellen gelingt es WELICORUSS auch ganz passabel, den orchestralen Bombast in die Black Metal-Basis zu integrieren. Bei Songs wie ”Metaphysical” fügen sich die Melodielinien denn auch harmonisch ineinander. In anderen Passagen kleistert ein unentschlossenes Songwriting das restliche Instrumentarium mit unmotiviertem Tonleitergedudel zu. Die Produktion gibt dann auch nicht immer die Differenziertheit her, um den Riffs hinterhersteigen zu können. Weniger wäre hier durchaus mehr gewesen.

”Siberian Heathen Horde” – Bombastschlacht mit Stimmproblemen

Die wirkliche Archillesferse der heidnischen Horde ist aber nicht das instrumentelle BackUp. Es ist vielmehr Vorkämpfer Alexey, der mit seinem Vocals einige Male daneben langt. Der arg penetrante Akzent kann ja noch als barbarischer Charme durchgehen. Die immens unspektakulären Refrains und die teils dramatisch dünne Gesangsleistung brechen recht ordentlichen Songs wie dem erwähnten ”Spellcaster”, dem Titelsong oder auch ”The Prophecy” aber das Kriegergenick.

Kurz und gut: Wer auf Symphonic Black Metal á la STORMLORD mit wahlweise Pagan- oder Gothiceinschlag steht, kann gerne ein Ohr riskieren. Den ein oder anderen interessanten Moment gibt es schon zu entdecken. Auf voller Länge fügt sich die musikalische Darbietung mit dem Erscheinungsbild zusammen. Anstatt die vorhandenen guten Ansätze auszubauen, plustern sich WELICORUSS auf. Das nötige Kampfgewicht bringen sie damit aber noch nicht auf die Kriegswaage.

30.03.2020
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