Weissglut - Etwas Kommt In Deine Welt

Review

Die Band Weissglut spaltet die Nation, also wollen wir zuerst auf den musikalischen Aspekt und danach auf die politischen Hintergründe eingehen. Gothic-Metal präsentieren Weissglut auf dieser CD. Wer jetzt herzhaft gähnt, Liv und Konsorten vor seinem Auge vorbeiziehen sieht und sich Kissen und Decke holen möchte, um nicht schmerzhaft mit dem Kiefer auf die Tastatur zu knallen, der wird vermutlich eine typische Reaktion auf den abschwellenden Gothic-Metal-Hype präsentieren. Doch Weissglut spielen nicht Metal mit etwas weiblichem Geträller und Keyboards. Weissglut nehmen vielmehr den Begriff Gothic-Metal beim Wort und präsentieren Gothic mit Metal. Schwere, melancholische Musik, die dennoch mit kraftvollen Gitarren aufwarten kann. Gothic-typische Vocals und teilweise an Gedichtsform angelehnte Lyrics. Teilweise fühlt man sich an Type O erinnert, aber Weissglut vermischen unterschiedliche Stile gekonnter miteinander. Wer also vom Standard Gothic-Metal gelangweilt ist und gerne mal eine Band hören möchte, die wirklich Gothic und Metal vermischt, der ist hier gut aufgehoben. Problematischer stellen sich da schon die politischen Konstellationen der Band dar… In einer Pressemitteilung von Epic heißt es: „Weissglut legen großen Wert auf die Feststellung, daß ihnen politische Ziele und Ambitionen fremd sind und daß dies begleitet wird von einer klaren Ablehnung von politischem Extremismus und Fanatismus.“ Es mutet schon seltsam an, daß solch ein Statement überhaupt nötig ist und zeigt auch, daß sich Epic durchaus darüber im klaren sind, was für eine Band sie unter Vertrag genommen haben: „Josef Klumb, der Kopf der Band, ist bei Beobachtern der rechtsradikalen Szene wie Alfred Schobert vom Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung einschlägig bekannt. Im Bayerischen Rundfunk sagte Schobert, er sei „mit dem Begriff Nazi vorsichtig, aber in diesem Zusammenhang muß man wirklich von einem Nazi sprechen“.“ (Der Spiegel 44/98). Klumb ist vor allem durch Versuche bekannt geworden, die schwarze Szene mit der rechten zu verbinden. Als Mitarbeiter im rechten Verlag VAWS brachte er z.B. 1997 den Riefenstahl-Sampler heraus (sechs der 25 Songs sind von Klumb. Auf der CD gibt es Songs mit so provozierenden Titeln wie „Swirling Swastikas“ (wirbelnde Hakenkreuze), „Strength through Joy“, „Allerseelen“, „Death in June“ etc.). Seine frühere Band Forthcoming Fire (CD: Verurteilt, gerichtet und lebendig verbrannt) hat sich in Interviews teilweise sehr „national“ bis extrem geäußert: „Ich glaube an die Lichtgestalt dieser geschändeten Nation. Ihre Geisteskultur, die eine liebende ist, kann und darf nicht länger unterdrückt werden.“ (Junge Freiheit 1996). Das Jugenzentrum Bingen erhielt folgende Drohung: „Ich befinde mich in einem heiligen Krieg; und wer zwischen die Fronten gerät, indem er aus Unverständnis mir zu nahe kommt oder meinem Umfeld beschwört sich eine Gewalt herauf die ich nicht zu verantworten habe, und die sich entlädt ohne Spuren zu hinterlassen.“ Der VAWS-Verlag gehört Werner Symanek, der zur internen Struktur der Unabhängigen Freundeskreise gehört, welche eine einflußreiche Kadergemeinschaft der NS-Szene darstellen und gute Kontakte zur rechten Terrorszene haben sollen. Über seinen Verlag bringt er z.B. die „Unabhängigen Nachrichten [heraus], in denen gegen Flüchtlinge und MigrantInnen gehetzt und über Entschädigungszahlungen an Israel gejammert wird. Symaneks Strategie zielt – neben der Vernetzung rechter Kreise – auf die Politisierung von Menschen außerhalb der rechten Szene. So verschickt sein Verlag die Unabhängigen Nachrichten unaufgefordert an Redaktionen von SchülerInnenzeitungen – mit der Anregung, interessante Artikel doch einfach nachzudrucken. […] In den Paketen [von bei VAWS bestellten Platten] fand sich neben der bestellten Ware auch rechtsextreme Propaganda. Die Plattenfirmen, denen dies bekannt wurde, stellten daraufhin die Belieferung Symaneks ein. Symanek gründete daher mit Heliocentric sein eigenes Label.“… (Jungle World 21). Bedenkt man all dies, so stellen sich die Lyrics dieser Bands auch vollkommen anders dar als man es zunächst vermuten würde. Das Licht bzw. die Lichtgestalt als Metapher für Deutschlands Macht kommt schon im Bandnamen Weissglut zur Verwendung. In den Texten wird viel mit Farben, vor allem Schwarz und Weiß gearbeitet und sehr häufig auf die Sonne Bezug genommen. Das Sonnensymbol wurde in der ehemaligen SS-Ordensburg bei Paderborn, von der SS in den Boden eingelassen…

„Viel zu lang hab ich gefroren
Und der Sonne Licht entbehrt
Und deiner vollen Lippen Rot
Blieb mein Mund so lang verwehrt“ („Schatten“)

„Komm zu mir
Schöner bleicher Todesengel
Hat dein Flügel mich gestreift
Schwarzer Engel
Du bist weit
Meine Stunde kennst nur du
Todesengel
Noch ist Zeit
Bis zu einem Rendezvous“ („Deine Lippen schweigen“)

„Sonnenfinster, Winterkälte
Leichenfelder tun euch kund
Häufet neue Opferberge
Laufet in den Bestienschwund“ („Pandaemonium“)

„Weissglut sagt:
Das Licht muß fließen
Aus gleißender Sonne und schwarzem Stein
Weissglut sagt:
Das Dunkel muß weichen
Die Herzen brennen in lichtem Schein“ („Weissglut“)

Schon bei Rammstein stellten die in alle möglichen Richtungen interpretierbaren Texte einen der Schlüssel zum Erfolg dar, denn sowohl Kritiker als auch Verteidiger konnten sich nur auf ihre Interpretationen berufen, nicht aber auf tatsächliche Aussagen im Text. Ähnlich scheint es bei Weissglut zu sein, wobei sich Klumb allerdings in der Vergangenheit einen so zweifelhaften Ruf aufgebaut hat, daß hier eigentlich nicht mehr viel interpretiert werden kann – sofern über den Bandhintergrund berichtet wird. Rock Hard und Hammer gaben der Band z.B. achtlos die volle Punktzahl und interessierten sich nicht sonderlich für die Bandgeschichte… also hört euch die CD an, genießt die dennoch geniale Musik und fragt dann euer Gewissen, ob ihr so eine Band unterstützen wollt.

17.12.1998
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