Wardruna - Yggdrasil
Review
Im Gegensatz zu Folk oder Pagan Metal kann ich mit wirklichem Folk, also ohne E-Gitarren und „Heil Odin“-Gegröle sogar hier und da was anfangen. Neben der musikalischen Komponente ist es bei WARDRUNA vor allem die Ernsthaftigkeit mit der sie zu Werke gehen, die ihnen eine gewaltige Authentizität verleiht. Die Norweger sind seit ihrem Debütalbum „Gap Var Ginnunga“ eine der Bands, die mit Metal, bis auf die ehemaligen Bands der einzelnen Mitglieder, so gar nichts zu tun haben und sich doch gerade in dieser Szene einer hohen Beliebtheit erfreuen.
Vollkommen zu Recht, wie jetzt auch „Yggdrasil“, der zweite Teil der Runaljod-Trilogie beweist. Mastermind Kvitrafn Selvik hat sich mehr als drei Jahre Zeit genommen, um an den elf Stücke zu feilen und eine Selbstwiederholung zu vermeiden. Natürlich haben WARDRUNA ihren Stil nicht komplett gedreht, und so fällt „Yggdrasil in eine ähnliche Kerbe. Bedächtig, teils beschwörend gewinnt das Album auch dank der verwendeten traditionellen Instrumente (wie z.B. Kraviklyra, Tagelharp und weiteren) einen ganz eigenen Charme. Trotz des eher ruhigen Grundtenors verfallen WARDRUNA nie in Eintönigkeit, auch dank des sehr vielfältigen Gesangs. Die drei Protagonisten wissen, ihre Stimmen herrlich über die musikalische Untermalung schweben zu lassen, fast wie eine sanfte Brise. Ein großes Umgewöhnen ist also nicht vonnöten, denn auch „Yggdrasil“ wird dominiert von wundervollen Melodien, verträumten, teils rituellen Passagen und episch flirrenden Momenten.
Sich hier groß einzelne Highlights herauszupicken, würde dem Album kein bisschen gerecht werden, denn im gesamten Kontext und dem Spannungsaufbau, den es durchläuft, liegt eine weitere Stärke des Albums.
Von den ersten Sekunden von „Rotlaust Tre Fell“ an hat „Yggdrasil“ eine nahezu berauschende Wirkung, die sofort abhängig macht. So skeptisch ich vor vier Jahren in Bezug auf WARDRUNA auch war, so wenig lässt sich dies rückblickend begründen. Denn spätestens der zweite Teil dieser Trilogie ist eines der herrlichsten Folk-Alben, das ich je zu Gehör bekommen habe, das die Natürlichkeit der norwegischen Landschaften sowie der einheimischen Traditionen wunderbar vertont. Selbst Dinge wie Vogelgezwitscher oder Wasserplätschern fügen sich gewinnbringend ins Klangbild ein und wirken (um den Bogen zum Folk/Pagan Metal zu schlagen) kein Stück deplatziert oder erzwungen. „Yggdrasil“ wirkt einfach stimmig in sich selbst, und das lädt dann wirklich zu beinahe siebzig Minuten Dahinschweben und Geistabschalten ein. Meine Hochachtung!