Warcrab - The Howling Silence

Review

Der ein oder andere Internet-Nutzer wird die Phrase „Time for crab“ sicher irgendwo schon mal aufgeschnappt haben, wenn auch voraussichtlich eher im Meme-Form. Nun, wahrhaftig ist jetzt „Time for crab“, genauer für WARCRAB. Die britischen Todesblei-Schalentiere crabwalken daher, um ihr neues Album „The Howling Silence“ noch ins bestehende Jahr zu wuchten. Und wuchten ist wahrhaftig der passende Ausdruck, denn diese Briten bevorzugen ihren Death Metal extrem heavy. Der Trick, um dies zu erzielen, ist denkbar simpel und einleuchtend: Sie schmeißen einfach eine ordentliche Portion Sludge ins Gemisch. Man bezeichnet sich auf der Bandcamp-Präsenz als Erfinder dieser Mische, was sicher ein bisschen arg weit gegriffen ist. Was man den Haudegen aus Plymouth aber nicht absprechen kann, sind die Konsequenz und der Nachdruck, mit denen hier im Seitwärtsgang getrümmert wird.

Death und Sludge bilden auf „The Howling Silence“ eine mächtige Einheit

Der werte Vorredner erwähnte bereits zur Besprechung des Zweitlings „Scars Of Aeons“ die gleichberechtigte Einwaage von BOLT THROWER und CROWBAR, wahrscheinlich kann man zusätzlich noch Begriffe wie CARCASS und sowas wie BISON (B. C.), falls die noch wer kennt, hinzufügen und ist dann schon auf der richtigen Spur. WARCRAB picken sich aus den Einflüssen die Rosinen raus und mixen daraus einen durchweg in sich stimmigen Riffklumpen. Markiger Death Metal ohne progressive oder anderweitig auffallende Schnörkel wird mit Sludge ausgestopft, der mal einen Hauch New Orleans durchscheinen lässt, mal einen Abstecher in Stoner-Doom-Gefilde macht und mal sogar richtig nah an gediegenen Death-Doom kommt. Das sorgt natürlich für einen richtig schweren Unterbau und gleichsam bei den britischen Kriegskrabben für amtlich aufgedunsene Hosen, mit denen es sich gleich viel breitbeiniger seitwärts marschieren lässt.

Relativ zügig bemerkt der geneigte Hörer, dass sich die Frage „Spüren Sie’s, Mr. Krabs?“ erübrigt. Denn „The Howling Silence“ ist eine Ganzkörpererfahrung, als deren Architekten vor allem das Saitenduo Geoff Holmes und Leigh Jones fungieren, während sich Martyn Grant herrlich fies durchs Album faucht. Körperliche Präsenz erreicht „The Howling Silence“ nicht zuletzt auch dank eines krachenden Sounds, der den Gitarren gerade genug Fuzz verpasst, um den Schmutz des Sludge authentisch zu transportieren. Und da bleibt keine Zeit für irgendwelche Vorspiele. Mit dem eröffnenden „Orbital Graveyard“ wuchtet sich ohne Umwege ein knackiger Todesblei-Rocker durch die Boxen, der den Nickreflex im Nacken und den Boogie-Reflex in der Hüfte aufs angenehmste aktiviert. Damit rocken sich die Herren mit vermeintlicher Lockerheit warm, bis ein massiver BOLT THROWER-Groove gegen Ende des Tracks die Hörerschaft plättet und effektiv in ein Krabby Patty verwandelt.

Man spürt die Durchschlagskraft von WARCRAB relativ deutlich

Hier wird das urtümliche Riff in all seiner Schwere zelebriert. Das ist einerseits natürlich dem Sound geschuldet, andererseits aber auch der vielfältigen Herangehensweisen, welche die Kriegskrabben innerhalb der Trackliste anwenden, um die Heaviness heraufzubeschwören. Das hält den Gehalt von „The Howling Silence“ angenehm abwechslungsreich, wobei die Briten ihre Songs kurioserweise gerne in zwei Akte unterteilen – nicht immer, aber doch oft genug. Wie der erwähnte Opener wählt auch „Titan Of War“ einen Ansatz, der auf der tanzbareren Seite des Spektrums beheimatet ist, dreht den Grad der Heaviness aber merklich auf, was zu einer homogeneren Verschmelzung der Death- und Sludge-Aspekte und damit einhergehend zu einem ungleich vielschichtiger und dynamischer aufgezogenen Stück führt. Ein richtiges Midtempo-Groove-Monster beschwören die Briten mit „Sword Of Mars“ herauf, bei dem man sich so richtig schön in einen Trancezustand hinein headbangen kann.

Eine stimmungstechnische Kehrtwende legen WARCRAB dann mit „As The Mourners Turn Away“ aufs Parkett, bei dem die Band wie von Kirk Windsteins Spirit beseelt einen von maskuliner Melancholie und New Orleans-Riffing gezeichneten Death-Doom-Brocken aus der Teergrube hieven. Und wo wir gerade bei CROWBAR sind, wird deren Sludge-lastigere Note im folgenden „Sourlands Under A Rancid Sun“ adaptiert, nur um im dissonant scheppernden Mittelteil nicht zuletzt auch dank Grants giftiger Intonation weit über sich hinaus zu wachsen. Der abschließende Titeltrack ist mit zehn Minuten Spielzeit das substantiellste Stück des Albums und beginnt als martialischer Stampfer, der zumindest unsereins ein wenig an frühe SOULFLY denken lässt. Im zweiten Akt wird es dann richtig finster, wenn die Briten ein gerüttelt Maß an todesbleierne Schwärze hinzufügen, etwas woran man sich durchaus gewöhnen könnte.

Die Briten zelebrieren die Schwere des Riffs

Wenn man angesichts vorgehaltener Pistole das schwächste Glied der Kette benennen müsste, wären das vermutlich die Soli, die manchmal ein bisschen wie ein Fremdkörper im sonst in sich stimmigen Sound wirken. Das passiert glücklicherweise selten, und ist selbst dann kein Dealbreaker, nur eben ein kleines Ärgernis in einer ansonsten beeindruckenden Veröffentlichung. Während der direkte Vorgänger „Damned In Endless Night“ die Waage etwas mehr in Richtung Sludge gekippt hatte, bringen WARCRAB das Verhältnis der Hauptkomponenten ihres Sounds heuer wieder in Richtung Gleichgewicht und fahren dabei einen deutlich zünftigeren Sound auf, was die gewichtige Durchschlagskraft von „The Howling Silence“ nur noch weiter erhöht. Wem es also nach richtig heavy reinkloppender Kost dürstet, ist hier goldrichtig und kann sich praktisch blind dem seitwärtigen Marsch der Kriegskrabben anschließen.

01.11.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Warcrab - The Howling Silence

  1. destrukt. sagt:

    Gute wie treffende Review. Bei den Querverweisen könnte man vllt noch Lair Of The Minotaur zufügen, weil ähnlich heavy. Zum Vorgänger „Damned in endless Nights“ hat Warcrab songwriterisch zugelegt, war die Scheibe doch mitunter sehr langatmig. Zu ner höheren Wertung fehlen mir allerdings dann doch etwas die absoluten Highlights und fawk-yör-Momente, wenngleich sich das Songmaterial ansonsten konstant auf nem guten Niveau bewegt. Das Bandlogo ist dafür ne 10/10!

    7/10