Vulture Industries - The Malefactor's Bloody Register

Review

Wenn man sich ein bisschen nach VULTURE INDUSTRIES umschaut, insbesondere im Bezug auf ihr 2007er Debut „The Dystopia Journals“, stolpert man im Wesentlichen über einen Namen: ARCTURUS. An sich ist der Vergleich sicher kein schlechter, und er muss einer Band wie den Norwegern von VULTURE INDUSTRIES erst recht nicht unangenehm sein. Dennoch habe ich leichte Bauchschmerzen, weil dieser ARCTURUS-Vergleich eben ein Vergleich um des Vergleichs willen ist – ich hoffe, das versteht irgendjemand. Der „Pöbel“ braucht nun einmal Anhaltspunkte um jeden Preis.

Und sooo weit hergeholt ist das alles ja auch gar nicht. VULTURE INDUSTRIES schlagen ihre Zelte ganz in der Nähe des Black Metals auf, erweitern das metallische Grundgerüst um allerlei seltsame bis groteske Elemente und haben einen charismatischen Sänger, dessen Stimme gewisse Ähnlichkeiten zu Herrn Rygg aufweist. So weit, so gut.

Es gibt jedoch eine Vielzahl musikalischer Merkmale, die VULTURE INDUSTRIES – auf „The Malefactor’s Bloody Register“ noch deutlicher als auf „The Dystopia Journals“ – einen gewissen Touch, einen einzigartigen Charakter verleihen. „The Malefactor’s Bloody Register“ ist erdig, unmittelbar, versetzt den Hörer – und ich habe KEINE Ahnung, wie sie das geschaffft haben – trotz avantgardistischem Anspruch in die Straßen des viktorianischen Englands. Bei Nacht wohlgemerkt. Die sieben Songs sind bis ins kleinste Detail liebevoll arrangiert, sämtliche Winkel werden von einer schmutzigen Ölfunzel beleuchtet (ich weiß, dass das Bild schief ist, das ist Absicht). Die Musik hat einen tollen Drive, eben als wäre man ein “Malefactor” auf der Flucht vor dem Henker.

Dennoch taucht hier und da eine ganz eigenartige Melancholie auf, zum Beispiel wenn ein wunderschönes tiefes Saxophon erklingt, das weniger als Solo-Instrument, sondern vielmehr als integrer Teil des Gesamtkunstwerkes, das VULTURE INDUSTRIES mit ihrem zweiten Full-Length erschaffen. Das Gleiche gilt für eine Hammond-Orgel oder wunderbar abrupte Streicher, die „The Bolted Door“ ein- und ausleiten.

Indes hebt sich der Bjørnar E. Nilsens Gesang wie schon auf dem Vorgänger ein wenig – aber nicht zu sehr! – vom musikalischen Fundament ab. Es wird geflüstert, gesprochen, geschrien und vor allem klar gesungen. Bei aller Ähnlichkeit zu Garms Timbre klingt Nilsen ganz eigen in Phrasierung und Stimmführung (Tipp: „I Hung My Heart On Harrow Square“).

Zusammenfassend dürfte „The Malefactor’s Bloody Register“ allen gefallen, die schon „The Dystopia Journals“ mochten. Während VULTURE INDUSTRIES sich im Gesamtbild treu geblieben sind, eröffnen sie auf ihrem neuen Album den Blick auf andere Welten, die etwas realer wirken als noch die Reise durch dystopische Meere. Allen, die bisher nicht mit VULTURE INDUSTRIES in Berührung gekommen sind, sei dringend empfohlen, das jetzt nachzuholen.

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22.10.2010

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