Eine einfache Rechnung: VREID ist die Nachfolgeband des letzten WINDIR-Line-Ups plus ein zusätzlicher Gitarrist. Das vollständige WINDIR-Line-Up setzte sich zusammen aus dem mittlerweile tragisch erfrorenen WINDIR-Gründer Valfar und einer unbekannten, bestenfalls durchschnittlichen Band aus Valfars Heimatort Sogndal, ULCUS. Hört man sich das letzte ULCUS-Album vor deren Auflösung, „Cherish the obscure“ an, wird der himmelweite Unterschied zwischen dem nordischen Genius Valfars und dem nur soliden Mischmasch-Metal ULCUS‘ deutlich – der könnte größer nämlich kaum sein.
Ich weiß nicht, warum die nostalgischen WINDIR-Verehrer (zu denen ich mich durchaus auch zähle) allen Ernstes geglaubt haben, VREID könnte auch nur annähernd die Klasse und das Niveau WINDIRs erhalten oder wiedergewinnen. Letztlich ist schon „Kraft“, das VREID-Debüt, nur zur Hälfte zu gebrauchen gewesen (die Hälfte, die aus kurzerhand übernommen Material von Valfar bestand), „Pitch Black Brigade“ ist aber endgültig nichts anderes als ein weiteres ULCUS-Album. Von singenden Leadgitarren, erhabener Atmosphäre und einzigartigem nordischen Black Metal kann hier nicht die Rede sein. Irgendwo zwischen Black’n Roll, etwas thrashigen, sehr rhythmischen Parts, größtenteils einfach gestrickten und fast lupenreinen Rock-Songs (die Tour mit ENSLAVED hat abgefärbt) haben sich VREID verirrt und machen nicht den Eindruck, wirklich zu wissen was sie wollen. Das wiederum zocken sie routiniert und technisch gekonnt in guter Produktion runter – aber routinierte Alben gibt es nun wirklich schon zu viele.
Der etwas prätentiöse Titel deutet außerdem weit Düstereres an, als letztlich zu hören ist. Die Stimmung schwankt zwischen schmissig und gleichmütig, und wenn tatsächlich einmal (etwa durch elektronische Unterstützung) echte Atmosphäre aufkommt, dann stammt die gleich von einem Gastmusiker und konzentriert sich zudem noch auf ein einziges Stück: „Hengebjörki“, Dreh-, Angel- und Höhepunkt der Platte in einem. Hier kommen die von WINDIR bekannten treibenden Doublebassparts mit tragenden Melodiebögen zusammen, straighte norwegische Riffs (auch gerne mal mit Akustikgitarren garniert) in gehobenem Tempo treffen auf groovende, düstere Rhythmik, und das alles auf über neun Minuten gestreckt, die niemals langweilig werden. „Hengebjörki“ bietet auch das einzige Riff des 42-minütigen Albums, das wirklich zum Weinen schön ist (ob nun aus Nostalgie, Klasse oder beidem kann ich schlecht sagen). Annähernd aussagekräftig ist nur der größtenteils elektronische Schlusstrack „Eit kapittel for seg sjölv“. Ich finde, das ist zu wenig – und um das klarzustellen: es wäre sogar für eine Band ohne Geschichte zu wenig, um zu überzeugen. Wenn VREID das Niveau von „Hengebjörki“ halten könnten, hätten sie gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Gegenwart und Zukunft verbunden, Linie in ihr Treiben gebracht und eine neue, echte und homogene Identität gewonnen. Davon sind sie allerdings noch weit entfernt.
Unsinn, ist was anderes als Windir, und dieses andere ist gut… ‚Pitch black‘ ist ein Supersong, der Windir-Huldigungstrack ‚Hengebjorki‘, das Härtnerteil ‚Left to hate‘ oder der Opener ‚Da draumen rakna‘ ebenso… Man muss das ganze trotz der unbestritten vorhandenen Windir-Anleihen losgelöst vom Soknardalr-Sound betrachten!