Vorbid - A Swan By The Edge Of Mandala

Review

Isolation. Sie ist ein Prädikat, das man in diesen letzten zwei Jahren vielen Musikern und deren Erzeugnissen angedichtet hat: „A Swan By The Edge Of Mandala“, das neue Album von VORBID, steht ebenfalls ganz in ihrem Zeichen. Diese ist nämlich die zentrale Thematik, die sich durch die gesamte Trackliste zieht. Genauer geht es um die diversen Ängste, die mit dieser extremen Form der Einsamkeit einhergehen. Passenderweise spiegelt sie sich auch im Schaffensprozess wider, auch wenn das vermutlich eher der Situation geschuldet gewesen sein mag. Der Presseinfo zufolge hat die Band das Material nämlich pandemiegemäß isoliert voneinander ausgearbeitet und sich lediglich für die gemeinschaftlichen Rehearsals zusammengefunden, wo und wann sich eben die Gelegenheit geboten hat.

VORBID finden vom Thrash zum Prog

Vielleicht war es ja der mittlerweile auch schon zu einem Klischee gewordene Pandemie-Blues, vielleicht aber auch einfach nur der künstlerische Drang zur Weiterentwicklung. Jedenfalls vollziehen die Norweger auf ihrem neuen Album „A Swan By The Edge Of Mandala“ einen ziemlich substantiellen Stilwechsel. War der Vorgänger „Mind“ noch recht deutlich im Thrash verortet und bezog ästhetische Inspiration u. a. von den heuer eher kontrovers diskutierten VEKTOR, so haben sie die reine Ästhetik fürs neue Album beibehalten, aber den Thrash durch Midtempo-lastigeren Prog Metal ersetzt – und das mit reichlich Konsequenz und entgegen meiner Annahme anlässlich der Vorab-Single „By The Edge Of Mandala“ (übrigens unter Beteiligung von Chris Poland) weitestgehend um die Thrash-Anteile und damit der ihnen von mir unterstellten, tiefereren Artverwandtschaft mit DiSantos Kapelle erleichtert.

Kurz: VORBID sind also nicht die neuen VEKTOR. Aber das müssen sie ja auch nicht sein. Sie nehmen stattdessen das, was sie von ihrer extremeren Seite behalten haben, mit und stopfen es in einen Prog-Metal-Sound, der gelegentlich Erinnerungen an die früheren FATES WARNING wach werden lässt. Die Norweger legen dabei so einiges aufs Parkett, was der Proggie für einen gelungenen Abend so benötigt: krumme sowie abgekrümmte Takte, jede Menge oszillierende Licks und generell eine ziemlich kompetente Klampfen-Doppelspitze bestehend aus Fronter Michael Eriksen Briggs und Daniel Emanuelsen. In instrumentaler Hinsicht wirkt „A Swan By The Edge Of Mandala“ also fast schon ein bisschen aus der Zeit gefallen, aber es hat Charme und macht richtig Spaß, auch weil die beteiligten Musiker alle auf allerhöchstem Niveau spielen.

Ein unerwarteter Nostalgie-Trip?

Briggs liefert dazu noch die Vocals zwischen feistem Gekreische und klarem Gesang. Letzterer ist jetzt nicht der voluminöseste, aber treffsicher und mit Backing Vocals versehen durchaus zu großer Dramatik fähig („Union“). Dramatik birgt aber auch das Songwriting, zumal jeder Song üblicherweise auf einen oder mehrere große Höhepunkte zusteuert, in der Regel dargestellt durch weit ausholende Melodiebögen („Ecotone“), durch schmachtende Soli („Paradigm“), gerne auch durch klassische Gesangshooks („Self“). Der songschreiberische Kitt zwischen diesen Klimaxen sorgt dafür, dass die Sache zu keinem Zeitpunkt langweilig wird, entweder durch gekonnten Spannungsaufbau oder eben dem technischen Spektakel, ohne das VORBID dafür alles mit Riffs zukleistern müssen.

Im Grunde gibt es, was das angeht, keine Ausfälle auf „A Swan By The Edge Of Mandala“. Von Anfang an packen die verschlungenen Riff-Ostinati, ansprechenden Melodien und krummen Rhythmen Hörer mit Fabile für das Progressive und lassen sie so schnell nicht mehr los. Dabei bleiben die Norweger jedoch agil und dynamisch, lassen den technischen Aspekt ihrer Musik zu keiner Zeit überhand nehmen sondern sorgen immer für Ausgeglichenheit im Sound. Einen Einstiegspunkt für Schüchterne bietet zweifelsohne „Union“, das einige richtig breitbeinige Grooves auffährt, unter Zuhilfenahme akustischer Gitarren zwischenzeitlich leicht südamerikanisches Flair gewinnt und generell als der atmosphärischste Track der Platte angesehen werden kann.

„A Swan At The Edge Of Mandala“ sollte man sich nicht entgehen lassen

Man kann den Norwegern angesichts einer solchen Leistung nur wünschen, dass „A Swan By The Edge Of Mandala“ sie in die vorderen Reihen der zeitgenössischen Prog-Szene befördert. Die stilistische Wandlung, die VORBID vollzogen haben, erweist sich als voller Erfolg und steht dem Quartett auch wunderbar zu Gesicht, fast so als wäre es nie anders gewesen. Der transparente Sound, den sich die Band von Endre Kirkesola hat schneidern lassen, tut ein übriges, um das Hörerlebnis so ansprechend wie nur möglich zu gestalten. Es lässt sich im Grunde nur der klare Gesang anmakern aufgrund der (noch) nicht so sehr ausgeprägten Singstimme von Briggs, aber er macht wirklich das beste daraus. „A Swan By The Edge Of Mandala“ ist in der Folge ein fast vollendetes Prog-Highlight in diesem Jahr geworden und eines, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

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13.10.2022

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu Vorbid - A Swan By The Edge Of Mandala

  1. ClutchNixon sagt:

    Wunderbar! Erinnert mich so manches Mal an die tollen Extol auf ganz viel Voivod. Exzellente Platte.

    9/10