Volbeat - Beyond Hell/Above Heaven

Review

Es ist schon erstaunlich, dass es ausgerechnet die Band, über die man gemeinhin sagt, dass sie sich in einem stilistisch gefährlich eng gesteckten Rahmen bewegt, schafft, ein Album zu veröffentlichen, dass für so ziemlich jeden Freund metallischer Klänge einen eigenen Song parat hält. Noch viel erstaunlicher ist es, auf welchem musikalischen Niveau sich die dänischen Senkrechtstarter VOLBEAT auch auf ihrem vierten Album bewegen. Auch auf „Beyond Hell/Above Heaven“ zeigen Michael Poulsen und seine Bande keinen Ansatz von Abnutzungserscheinungen und schaffen das Kunststück, ihren Fans genau das zu bieten, was sie erwarten, ihren Sound dabei um einige Nuancen zu erweitern und dabei erneut 13 Songs an den Start zu bringen, die allesamt (!) ihren einzigartigen Hitcharakter aufweisen.

Im Grunde ist es ganz einfach: Alles, was VOLBEAT in der Vergangenheit auszeichnete, hat auf der neuen Scheibe seinen Platz gefunden. Das macht „Beyond Hell/Above Heaven“ zur vielseitigsten aller bisherigen Veröffentlichungen der Band und dürfte die immer größer werdende Fanschar mehr als ausreichend bedienen. Die harte Seite der Band wird diesmal geradezu betont, einen Death Metal-Song wie „Evelyn“, bei den NAPALM DEATH-Fronter Barney Greenway für die Growls in den Strophen verantwortlich zeichnet, hat man so bisher noch nicht von der Band gehört. Wetten, dass das einige Melodiefetischisten mächtig erschrecken wird? Die kommen dafür bei amtlichen Hymnen wie „Heaven Nor Hell“ (mit sehr präsenter Mundharmonikauntermalung in den Strophen), „A Better Believer“ oder „Thanks“ auf ihre Kosten, die allesamt in der Tradition der mittlerweile so liebgewonnen VOLBEAT-Trademarks stehen. „7 Shots“ (gesanglich von KREATORS Mille unterstützt) punktet mit dem Western-meets-Metal-Flair, das schon große Hits wie „Sad Man’s Tongue“ auszeichnete und zeigt zugleich die neue Seite der Band: Die Gitarrenarbeit ist ausgefeilter als zuvor, es gibt Soli, Melodien und ansprechende Instrumentalpassagen. Nicht nur hier, auch in anderen Nummern.

Bei „16 Dollars“ frönen VOLBEAT dem ungefälschten Elvis-Rock ’n‘ Roll der Frühzeit und sorgen mit dem gezupften Kontrabass und den sägenden Gitarren für das bandtypische Zusammenspiel aus Vergangenheit und Gegenwart. „Being 1“ ist ein schneller, hochmelodischer Punkrock-Song, „A New Day“ klingt wie die metallische Version eines amtlichen Rockabilly-Smashers, und „A Warrior’s Call“ und „Who They Are“ sind reinrassige Metal-Songs mit amtlichem Riffing, jenem Element, dass einigen Anhängern auf dem Vorgänger „Guitar Gangsters & Cadillac Blood“ ein wenig zu kurz kam. „Fallen“ ist die leicht poppige, etwas getragenere Hitsingle, „The Mirror And The Ripper“ der amtliche Einstieg, der die Marschroute vorgibt, und „Magic Zone“ wirkt durch Melodieführung und Gesang sogar hochgradig emotional.

VOLBEAT haben also mal wieder alles richtig gemacht und werden spätestens jetzt in Bekanntheitssphären vorstoßen, die sie für kleine Festivalorganisatoren und lokale Konzertveranstalter unbezahlbar machen. Mit ihrem völlig eigenständigen Sound und ihrem scheinbar mühelosen Talent, packende und eingängige Gassenhauer zu komponieren, sind sie aber unabhängig vom eigenen Geschmack eine der wertvollsten Bands, der Metal-Szene, weshalb man ihnen diesen steilen Aufstieg nur gönnen kann.

Welche Note vergibt man für ein Album, bei dem es nahezu unmöglich scheint, einen schwachen oder überflüssigen Song zu finden? Neun, weil man immer noch die Hoffnung hat, dass es ein klein wenig besser geht oder weil die Höchstnote nur den ganz großen Klassikern vorbehalten bleibt, oder zehn, weil man sich bei VOLBEAT in den letzten Jahren schon gerne zurückgehalten hat, um abzuwarten, ob es sich nicht doch um eine Eintagsfliege handelt? Meiner Meinung nach ist bei dieser Band der Zeitpunkt für die größte aller Kritikerehren spätestens jetzt eingetroffen. Es ist schön, dass es diese Band gibt, und es ist 10 Punkte wert, dass sie erneut einen Überflieger geschaffen haben. Wenn nicht jetzt, wann dann?

10.09.2010
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