Eines kann man VOAY aus Dortmund unter keinen Umständen absprechen: Auf ihrem Debüt „Cyclogenesis“ klingt diese junge Band schon ziemlich abgebrüht und routiniert. Die Jungs wissen definitiv, was sie tun. Den technischen Prog, den die Band im weiteren Spannungsfeld zwischen KING CRIMSON, OPETH und CYNIC spielt und mit zusätzlicher Würze von unter anderem FAITH NO MORE versieht, wird gekonnt und sauber dargeboten, während der klare Sound die Transparenz mitbringt. Ein bisschen Demo-Flair macht sich besonders beim Schlagzeug bemerkbar, aber es verleiht der Platte eine glaubhafte Underground-Kante.
Viel hilft viel? Nicht immer, VOAY!
Die transparente Produktion haben die Songs auch nötig, da hier einfach so viel abgeht. VOAY stopfen so ziemlich alles in ihre Tracks hinein, was nicht bei Drei auf den Bäumen sitzt. Der Schuss geht jedoch nach hinten los, da die Songs dadurch kaum eine Eigendynamik entwickeln. Die Dortmunder überladen ihre Stücke einfach zu sehr, ohne eines der Motive mal tiefer zu ergründen oder – hinsichtlich der ganzen Stile, die zusätzlich noch in den Sound hineinfließen – diese kranke Over-The-Top-Attitüde vorzuzeigen, mit der die Klang gewordene Reizüberflutung einem IGORRR deutlich souveräner und glaubhafter von der Hand geht.
Bei „Cyclogenesis“ irritiert der Genregulasch dagegen eher, besonders wenn wie in „Float“ aus heiterem Himmel etwas in den Song geplatzt kommt, was entweder wie eine Shamisen oder eine andere Art fernöstlicher Laute klingt, ohne dass der Song eine fernöstliche Thematik anderweitig groß andeutet. Bei „Gravity“ ist es ein Akkordeon, das plötzlich so auftaucht, wieder einmal komplett ohne klanglichen Kontext. Beim eigentlich stimmungsvollen, LEPROUS-artigen „Ghost Of Kindness“ watscheln indes einfach mal dickbackige Bläser durch den Song. Das würde funktionieren, wenn der Sound lockerer, aggressiver und nicht so sehr gekünstelt klingen würde.
„Cyclogenesis“ zeigt: Es gibt noch viel zu tun!
Und natürlich sollte Sänger Xil unbedingt noch einmal Gesangsunterricht nehmen. Während seine Shouts sitzen, zielt er mit der deutlich öfter eingesetzten, klaren Stimme gerne mal daneben, wie bei den diffizilen Gesangsmelodien im Opener „Float“. Das ist definitiv noch eine Nummer zu groß gewesen für seine zwar schon kräftige, aber noch nicht so erfahrene Stimme. Seine Darbietung grenzt unterdessen immer dann an Körperverletzung, wenn er versucht, in höhere Regionen vorzustoßen. Das passiert zum Beispiel bei „White Noise“. Unfreiwillig ulkig gerät dagegen die Spoken-Word-Passage von „Six Degrees“ dank seines sehr auffälligen, deutschen Akzents.
Letzten Endes lässt „Cyclogenesis“ also noch ordentlich Luft nach oben. Technisch sitzt alles bei den Jungs, aber das überladene, undynamische Songwriting und die unsaubere Gesangsdarbietung halten das wahre Potential der Band noch zurück. Neben dem Zielwasser für den Sänger sollten VOAY für eine gründliche Entrümpelung in ihrem Sound sorgen. Die können nämlich was und es wäre schade, das Potential der Musiker ungenutzt zu lassen.
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