Vitja - Digital Love

Review

Galerie mit 25 Bildern: Vitja auf dem Knockdown Festival 2016

Die Kölner von VITJA machen auf „Digital Love“ eigentlich wenig falsch. Der eine Fehler, den sie begehen ist allerdings eklatant – sie lassen einen eigenen Stil vermissen. Was die Herren auf ihrem Zweitling abliefern, der immerhin schon über People Like You im Dunstkreis von HEAVEN SHALL BURN und CALIBAN veröffentlicht wird, zettelt sicherlich keine Revolution des Genres an. Dabei gibt es nicht nur schlechtes zu vermelden, der Mut zu mehr Melodien und Harmonie steht dem Quartett sehr gut, ebenso wie das direktere Songwriting.

Wo es nach vorne geht? Na da vorne!

Nun sind die musikalischen Zitate von WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER oder ESKIMO CALLBOY nicht nur ganz offensichtlich, sondern auch noch ihrer gewinnbringenden Eigenheiten beraubt worden. Eine Kopie ist und bleibt sowieso eine Kopie, so gut sie auch gemacht ist. Zu „SCUM“ hat man sich Sushi und Kevin von ESKIMO CALLBOY direkt ins Boot geholt, der Song ist sicher einer der ganz starken auf „Digital Love“. Weiteres Highlight ist „Six Six Sick” mit Matthias von NASTY als bösen Part und „The Flood“, wenn der Knoten dann endlich mal platzt und VITJA ungezwungen aufstampfen und Harmonien sinnvoll einflechten – das sind die Momente, in den man sich vor Gitarrist Vladimir Dontschenko ganz tief verbeugen möchte. Der arme Kerl steht ganz alleine an der Gitarrenfront und könnte dringend Verstärkung gebrauchen.

Der gesamten Instrumentierung mangelt es nämlich öfter mal an Drive und Dynamik. „Roses“ mag man am liebsten ankurbeln, das Tempo um einige Umdrehungen erhöhen und das Ende mit explosiver Zündschnur versehen. Verschenktes Potential. Die häufig erwähnten elektronischen Impulsgeber sind leider eher spärlich gesät, reißen aber doch manchmal das Ruder in die richtige Richtung rum („Find What You Love and Kill It“, „In Pieces“).

Sicher könnte man auch mit der abermaligen Wiederholung von Standard-Riffs und 08/15 Songbauten noch mehr reißen, wenn es eben charmant gemacht ist. Pure Ironie, dass VITJA auf „Digital Love“ den digitalen Fortschritt kritisieren möchte und es dann manchmal selbst nicht schaffen Herzblut in ihren Songs zu transportieren. Sänger David Beule kann durch seine im positiven Sinne am Limit agierende Stimme zwar schon imposante Spitzen setzen und Druck aufbauen oder eben angenehm klarer singen. Aber weiterer Stolperstein sind die Lyrics, da gibt es auch mit gutem Willem nichts zu rütteln. Nicht nur „D(e)ad“ und „Digital Love“ sind inhaltlich schwach und so manche unnötige Wiederholung gewisser Lines macht es dann auch dem Dümmsten klar – Alarm ohne Substanz.

Zu viel auf Nummer sicher ist auch nicht gut

Dass VITJA (russische Kurzform für Viktor) schon auf dem zweiten Album etwas gehemmt und irgendwie auch ausgebremst wirken, ist sehr schade. „Digital Love“ ist sicher kein grottenschlechtes Album, allerdings fehlt es noch an entscheidenden Ecken und Enden. Dem Album hätte eine Straffung gut getan, von den 11 (in der Deluxe-Version sogar 13) dargebotenen Songs hätte man locker zwei oder drei streichen und dem Rest dafür mehr Zeit und Feinschliff gönnen können. VITJA haben den Deal nicht umsonst bekommen, sollten sich aber auf ihre Stärken besinnen und reflektieren, was sie als Band ausmachen könnte. Unterm Strich würde ich einen weiteren Gitarristen, weniger Text, mehr Volumen durch gezielte Elektroeinsätze und effektive Dynamik empfehlen.

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04.03.2017

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