Visions Of Atlantis - Cast Away

Review

Auf zu einem imaginären Albumdurchstöbern im CD Laden des Vertrauens! Die erste Scheibe macht schon einen recht einladenden Eindruck! Das Cover sieht aus wie ein typisches Rhapsody Cover, die Musik klingt nach Rhapsody – also werden es wohl die italienischen Drachentöter um Luca Turilli sein. Nächste CD: Artwork erinnert stark an alte Iced Earth Scheiben, die Musik ebenso – also wird es wohl Iced Earth sein. Und weil aller guten Dinge drei sind: Das Cover der nächsten CD erstrahlt typisch für Nightwish, die Songs beim Durchhören klingen nach Nightwish, also sind es… Within Temptation? Symphony X mit neuer Sängerin? Ein neues Arjen Anthony Lucassen Projekt?
Nein, hierbei handelt es sich um den Sechser von ‚Visions of Atlantis‘ die mit ihrem zweiten Album ‚Cast Away‘ unter dem neuen Label Napalm Records auch in die große weite Welt hinaus wollen und sich dafür in bekannte Konzepte hinein versetzen. Dass dabei der Innovationsfaktor gleich 0 ist, dürfte jedem CD-Käufer damit klar sein.
Dass man in Punkto Gesang und Produktion auch nur schwer an das Original rankommt ist ebenfalls leicht ersichtlich – jedoch hier etwas zu extrem. Waren die Gitarren auf Once noch fein rausgebretzelt und einwandfrei vom Schlagzeug durchgepeitscht, klingt Cast Away wie ein einziger Weichspülgang ohne Druck oder reißerische Elemente. Insbesondere der männliche Gesangspart, der das Tarja Turunen Imitat Nicole unterstützen sollte, klingt eher nach ‚Deutschland sucht den Superstar‘ als nach emotional rübergebrachtem Metal.
Glücklicherweise retten viele gute Kompositionen die Scheibe noch gerade so vor der völligen Nichtigkeit. Sind die Keys mal nicht völlig überladen, treiben sie die Songs wirklich in ordentliche Gefilde und es entstehen Lieder wie der Opener ‚Send me a Light‘, oder das sphärische ‚Lemuria‘. Genausogut könnte man aber auch den Titeltrack oder ‚Lost‘ nennen – im Prinzip macht es keinen Unterschied, da überall dasselbe Konzept erfolgreich abgeklappert wurde. Kleine Abweichungen wie die typische Ballade ‚Winternight‘ oder das abschließende ‚Last Shot of your eyes‘, dass zwischenzeitlich mit einer kleinen thrashigen Einlage aufgelockert wird, sind nicht der Rede wert und können kaum Albumfeeling rüberbringen. Etwas mehr Experimentiergeist hätte man schon erwarten können, und 40 Minuten (!) für ein Powermetalalbum ist auch nicht unbedingt das Höchste der Gefühle. Für eine Demo wäre es noch okay gewesen, aber da es sich hier schon um die zweite Scheibe diese Band handelt, erscheint mir ‚Cast Away‘ im Endeffekt ziemlich enttäuschend. Ein paar schöne Melodien und Refrains retten den Durchschnitt.

09.04.2005
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