Virtual Cage - Midnight Crashtest
Bastian 
Italien ist nicht gerade für eine besonders ausgeprägte (oder besser gesagt: prägende) Electro/Industrial-Szene bekannt, jedenfalls genießen dort kleine Labels wie Subsound Records immer noch Exotenstatus. Bei den Bands sind die Aussichten nicht besser, umso überraschender, dass sich jetzt mit VIRTUAL CAGE eine hoffnungsvolle Band auf die Bildfläche drängt, denen aber auch gar keine heimatlichen Klischees anhaften.
„Midnight Crashtest“ ist die Kulmination eines jahrelangen Reifeprozesses, ein Album nach zwei EPs, welches in Europa und auch in den USA (vorausgesetzt, die Distro stimmt) gut einschlagen dürfte. Das Quartett bewegt sich sehr sicher und gekonnt in der Schnittmenge von EBM und Industrial Metal. Der teilweise melodisch-poppige Anstrich der Songs erinnert an PAIN, grundsätzlich aber orientieren sich VIRTUAL CAGE eher an bekannten Größen wie COMBICHRIST oder KMFDM. Verzerrter Gesang, dominante Synthesizer und Keyboards, fette, tanzbare Beats und alles in ein kaltes, wuchtiges Klanggewand gekleidet.
Schon der erste Titel „N∞1 Can Be Us“ geht in die Vollen, mit harter Bassdrum und Ohrwurm-Refrain gerade zu für den Club programmiert. Auch „Careless Instinct“ und vor allem der Knaller „Divine Suicide“ beweisen echte Hitqualitäten und brauchen internationale Vergleiche nicht zu scheuen. VIRTUAL CAGE fahren hier eine Form auf, die sie zwar nicht durchgängig auf dem Album halten können, aber mit der sie trotzdem einen Achtungserfolg erzielen dürften. Ein Händchen für geradlinige, eingängige Songs mit saftiger Metalgrundierung haben sie auf jeden Fall. Erwähnenswert auch „Hero In Me“, ein schöner Midtempo-Kracher, der zeigt, dass trotz der Dominanz der synthetischen Sounds auch die Saitenfraktion nie völlig in den Hintergrund gedrängt werden. Mit dem WUMPSCUT-Cover „Jesus Antichristus“ huldigen sie dann noch einem weiteren Helden des Genres.
Alles in allem also eine wirklich handfeste Sache mit Rotationspotential. Wenn VIRTUAL CAGE beharrlich bleiben, dann könnten sie vielleicht schon mit „Midnight Crashtest“ auch in Übersee einen Fuß in die Tür kriegen. Zu wünschen wäre es ihnen.
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