Virta - Hurmos

Review

VIRTA aus Helsinki liefern mit „Hurmos“ ihr neues Album ab. Der Post-Jazz, den das Trio spielt, möchte dabei am liebsten elegant durch die Lüfte segeln, was der Musik auch definitiv gelingt. Allein Heikki Selamos Gitarre erdet den ansonsten recht luftigen Sound der Finnen, der zumeist aus der Trompete von Antti Hevosmaa und dem perkussiven Schlagzeugspiel von Erik Fräki besteht.

In jedem Falle haben die Finnen ein sehr angenehm hörbares Jazz-Album veröffentlicht, das zuvorderst von seinem klaren, transparenten Klang profitiert. Die lauteren wie leiseren Momente sind hervorragend produziert. Selamos Gitarre klingt sehr warm und – dank der Höhen – kantig, kontrastiert somit flächigen Klang der Trompete. In „The Landing“ klingt das durchgehende Riff der Gitarre gar wie die berühmten PVC-Rohre der BLUE MAN GROUP. Ergänzt wird das teilweise auch durch wortlosen Gesang, der angenehm in den Hintergrund gemischt worden ist und damit etwa die Rolle eines Synthesizers übernimmt. Fräkis Schlagzeugspiel schmiegt sich geschmeidig an und zwängt die Musik zu keiner Zeit in ein rhythmisches Korsett. Selten spielt er einen durchgängigen Beat, wie bei „About To Fly“. Viel mehr scheint sein Spiel aus sporadischen, aneinander gereihten Fills zu bestehen. Im eröffnenden „Aallot“ werden seine Beckenschläge gar rückwärts abgespielt, sodass sie eher wie Zischlaute wirken.

VIRTA funktionieren eher als Konzept denn als Hitlieferant

Doch dieser durchdachte Sound funktioniert am besten, wenn man ihn betrachtet, ohne zu sehr auf die Songs zu achten. Denn hier haben sich VIRTA dann doch etwas schwer getan, den einzelnen Tracks eigene Charakteristika zu verleihen. Eine Ausnahme ist der Rausschmeißer „On The Run“, bei dem die Musik der Finnen merklich an Intensität gewinnt. Dazu fällt auch die Reverse-Gitarre sowie der erwähnte, wortlose Gesang auf, der mit den vereinzelten Glitches und Blips entfernt an THREE TRAPPED TIGERS denken lässt. Das verzerrte Solo um die 3:20-Marke herum wirkt allerdings etwas deplatziert und beißt sich irgendwie mit dem Sound der Finnen. Ein weiterer Track, der als solcher hängen bleibt, ist „Time Travel“. Hier sind es vor allem die Riffs, die an KING CRIMSON denken lassen. Viel mehr hat der Song allerdings nicht zu bieten.

Über den Rest der Zeit spielen VIRTA ihren sehr vom Post-Rock beeinflussten Jazz, der durchaus einen Unterhaltungswert besitzt, aber eben nicht sonderlich geschickt in einzelne Songs verpackt worden ist. Vielmehr funktioniert er eben, wenn man ihn wie einen durchgehenden Flow oder – vielleicht besser – Jam betrachtet. Damit ist „Hurmos“ vor allem ein Album für Schöngeister, die etwas Geduld mitbringen müssen, dafür aber mit einem stimmungsvollen Album belohnt werden. Dieses geizt zwar mit „Hits“, ist dafür umso mehr geeignet für herbstliche und winterliche Tage, an denen man bei schlechtem Wetter einfach nur schöne Musik genießen möchte, ohne groß darüber nachdenken zu müssen.

11.12.2016

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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