Virgin Steele - "Guardians Of The Flame - The Anniversary Edition"

Review

VIRGIN STEELE veröffentlichen gerade ihre ersten beiden Alben unter den Titeln „Virgin Steele I – The Anniversary Edition“ und „Guardians Of The Flame – The Anniversary Edition“ wieder.

Ein Jubiläum?

„Virgin Steele I – The Anniversary Edition“ und „Guardians Of The Flame – The Anniversary Edition“ werden als Jubiläumseditionen wiederveröffentlicht. Wobei ein Jubiläum eigentlich nicht sein kann, die Alben kamen nämlich ursprünglich 1982 und 1983 auf den Markt. Passt also nicht für ein 40. Jubiläum.

Beide Alben wurden bereits in den Jahren 2003 und 2018 wiederveröffentlicht und damit neben Vinyl erstmals auf CD. Die neuen CDs sind als schöne Digi-Versionen erhältlich mit reich bebilderten Booklets und allen Texten. Die Schallplatte im schwarzen Doppel-Vinyl im Gatefold-Artwork.

VIRGIN STEELE-Mastermind David DeFeis hat dabei aus den Original-Multitracks neu Mixe vorgenommen. Das ist insofern bedenklich, als dass der Fronter in der Vergangenheit für teils seltsame bis schreckliche Remixe verantwortlich war. In dem Fall ist aber alles im grünen Bereich. Bis auf eine kleine Änderung im Intro im eröffnenden „Don’t Say Goodbye (Tonight)“ wurden die Originalsongs grundsätzlich belassen. Der Sound ist klarer, die Instrumente sind präsenter, die tiefen Töne wuchtiger.

„Guardians Of The Flame“ von VIRGIN STEELE

Das im Juni 1983 ursprünglich veröffentlichte „Guardians Of The Flame“ sollte das letzte Album mit Bandgründer, Gitarrist und Co-Songwriter Jack Starr sein. Nach musikalischen Meinungsverschiedenheiten über den zukünftigen Stil von VIRGIN STEELE, DeFeis wollte die Band in eine deutlich melodischere, pompösere, epischere Ausrichtung führen, während Starr einen direkteren, härteren Stil bevorzugte, verließ der Gitarrist die Gruppe. Sein Versuch über Gericht, den Bandnamen zu behalten, schlug fehl. Das Ergebnis ist bekannt, seither firmiert DeFeis mit VIRGIN STEELE, während Jack Starr unter eigenem Namen bzw. später unter BURNING STARR weitermachte.

Wie auch das Debütalbum „Virgin Steele I“ ist „Guardians Of The Flame“ noch aus der Frühphase der New Yorker und damit stärker im klassischen Heavy Metal und Hard Rock gehalten, wobei die Ansätze in Richtung Epic Metal etwas weiter ausgebaut wurden. Etwas routinierter, gereifter und eingespielter, zeigten VIRGIN STEELE hier mehr von ihrem Potenzial innerhalb des Spannungsfeldes Starr/DeFeis. Schon etwas epischer, melodischer, hymnischer, ja theatralischer, aber eben noch nicht so ausgeprägt wie bei späteren Werken. Dadurch gewinnt die Musik mehr Tiefgang und Atmosphäre, ohne aber in opernhafte Stimmung oder zu akribische Strukturen zu verfallen. Neben Parallelen zu MANOWAR und OMEN erinnert die Mischung 1983 auch teils an SAVATAGE.

Höhepunkte gibt es hier viele: vom leidenschaftlichen, balladesken „Don’t Say Goodbye (Tonight)“, das siebenminütig epische, hymnisch stampfende IRON MAIDEN-lastige „The Redeemer“, der melodische Titelsong wie die Piano-Ballade „A Cry In The Night“, die allesamt DeFeis Stempel aufweisen und zeigen, in welche Richtung er VIRGIN STEELE entwickeln möchte. Aber auch die Starr Stücke wie das schnelle „Burn The Sun“ oder das kultig betitelte, mit hohem Schrei eingeleitete „Metal City“ sowie das rockige „Hell Or High Water“ sind eine Bereicherung für „Guardians Of The Flame“. Diesem klassischen Metal-Pfad folgt Jack nach seinem Ausstieg mit BURNING STARR ab Mitte der Achtziger. Gerade die unterschiedlichen Ansätze und die damit verbundene Vielfalt sind charakteristisch für das zweite Album.

Mit der extrem kitschigen Schnulze „Go All The Way“ enthält das Originalalbum auch einen Totalausfall. Auch das leider ein Fingerzeig in die (jüngere) Zukunft der Band.

Das Bonusmaterial auf „Guardians Of The Flame – The Anniversary Edition“

Verglichen zur ersten Veröffentlichung des zweiten Albums wurde „Guardians Of The Flame – The Anniversary Edition“ um Bonussongs erweitert, die zumindest teilweise auch bei den vorherigen Re-Releases enthalten waren. Enthalten sind die drei Stücke der 1983er EP „Wait For The Night“, hier stechen insbesondere „A Cry In The Night“ und „I Am The One“ mit seinen epischen Momenten hervor. Die Songs gab es aber schon bei den ersten beiden Re-Releases und sind eine wirkliche Bereicherung, sofern man sie noch nicht hat. Von den originalen „Guardians Of The Flame“-Sessions soll das bisher unveröffentlichte kurze Klaviersolo „Chaos Caprice“ stammen, ist aber nicht wirklich notwendig. Mindestens schwierig ist das JUDAS PRIEST Cover „Desert Plains“. Das ursprünglich für „Age Of Consent“ geschriebene und jetzt aufgenommene „Dirty Blonde Angel“ ist mieser Hard Rock aber es geht noch schlimmer. Bob Dylans „Knockin‘ On Heaven’s Door“ wird durch den VIRGIN STEELE Katalysator zur „The Heaven’s Door Suite“ – wehe, wenn DeFeis sich zu sehr austobt und den Bogen überspannt!

Gelungene Wiederveröffentlichung

„Guardians Of The Flame – The Anniversary Edition“ ist eine gelungene und lohnenswerte Wiederveröffentlichung. Das Zeitdokument zeigt die inspirierten VIRGIN STEELE direkt vor dem Split der beiden Songwriter. Der wegweisende Klassiker „Guardians Of The Flame“ zeigt, wohin die künftige Entwicklung der Band führt – zu „Noble Savage“, einer absoluten Perle des US Metals.

19.08.2024

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37033 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

Kommentare