Virgin Island - Fantasy Or Reality?

Review

Wenn man es genau nehmen will und wirklich versucht das Debüt „Fantasy Or Reality?“ von VIRGIN ISLAND ernst zu nehmen, bietet die Platte eine enorme unfreiwillige Komik. Und das nicht nur auf dem Niveau, auf dem alle Gothicscheiben irgendwie unfreiwillig komisch sind, sondern eher auf dem der frühen MYSTIC CIRCLE. So sind die Texte zum ersten sehr platt, was man schon am Albumnamen abzulesen zu glauben scheint, und zum zweiten auch absolut akzentfrei vorgetragen. Denn wenn Sängerin Ulrike Peetz-Kunkel, die stimmlich über jeden Zweifel erhaben ist, bei Textzeilen wie „Let’s stop the wars in our world“ landet, kommt auch wirklich ein „Lets stopp de wars in aur wörlt“ dabei raus. Und zuletzt: Was ist eigentlich eine jungfräuliche Insel – abgesehen von den britischen Jungfraueninseln? Mit diesem Denkanstoß lasse ich euch mal eine Leerzeile alleine.

Jetzt kann man natürlich sagen, dass unfreiwillige Komik bei einer Albumbewertung nichts zur Sache tut und ich mich hier krampfhaft auf Kosten einer Undergroundband aus Niederbayern zu profilieren versuche. Aber die Sache ist, dass die Platte wirklich in dem Moment nicht mehr funktioniert, in dem ich minutenlang über die wirre Betonung englischer Wörter nachdenke und dabei unfreiwillig die Musik ignoriere. Besonders schlimm ist das natürlich an Stellen, an denen Peetz-Kunkel ihre Solopassagen hat, die sich ohnehin nur noch intensiver anhören, weil auch die ganze Abmischung massiv auf ihren Gesang ausgerichtet ist.
Dabei kann vor allem auch die Gitarristenfraktion unter dem guten Solisten Lorenz Kunkel ne Menge Stimmung rüberbringen und rifft mitunter im Opener „Disappointment“, „I Don’t Need“ oder dem balladesken „Wherever you will go“ stark vor sich hin. Überhaupt ist die Platte dann am besten, wenn man sich wirklich an rockigen Ohrwürmern versucht, und nicht mit zu vielen progressiven Elementen gespielt wird, die nicht wirklich die Spannungskurve der Songs unterstützen. Eigentlich ist es ja der Sinn von plötzlichen Breaks, Tempowechseln oder ungeraden Takten, dass sie theoretisch nicht passen dürften, sich aber dennoch kompositorisch sicher in die Lieder einbringen und diese so auf ein neues Level heben. Bei VIRGIN ISLAND passt die Progressivität jedoch einfach nur nicht. Auch da gäbe es Verbesserungsbedarf.

So sehr ich mich auf Gothicbands aus Bayern freue, ist „Fantasy Or Reality“ letztlich dann doch zu durchwachsen, um wirklich Spaß machen zu können. Ein paar Nummern machen zwar einen runden Eindruck, aber die meisten Songs kranken an einem oder mehreren der oben erwähnten Mängel. Live kann die Band durchaus funktionieren, aber für ein gutes Studiowerk muss da noch eine ganze Menge kommen.

27.04.2010
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