Steve Howe (u. a. YES) erlebte im September dieses Jahres so ziemlich den schlimmsten Albtraum eines jeden Vaters: Sein jüngster Sohn Virgil verstarb am 11. September überraschend, sodass YES die laufende „Yestival“-Tour sofort unterbrachen. Im Vorfeld dessen hatten beide gemeinsam an dem hier vorliegenden Instrumental-Album „Nexus“ gearbeitet und dieses gerade erst fertiggestellt. In gewisser Weise stellt dieses nun das Vermächtnis seines Sohnes dar. Das macht es natürlich nicht ganz leicht, den kritischen Blick hierauf zu werfen.
Musikalische Träumereien mit Familie Howe
Umso mehr schmerzt es mich, verkünden zu müssen, dass „Nexus“ „nur“ gut ist. Machen wir es deshalb kurz und schmerzlos. Steve Howe gibt laut Presseflyer zu Protokoll:
„Virgil and I had only recently completed recording ‘Nexus’, which contains eleven of his tunes to which I added a guitar to suit each one„.
Und gerade im ersten Drittel der Platte klingt das auch genau so. Oft wirkt die Musik weniger so wie eine einheitliche Komposition und eher so, als hätte Virgil, der an Klavier, Synthesizer, Bass und Schlagzeug zu hören ist, Platz für seinen Vater gelassen, um sich dort zu entfalten. Des weiteren kommen die Melodien gerne mal stark gezuckert daher und bleiben nicht so hartnäckig in den Gehörgängen haften wie die offensiveren Momente der Platte. Diese Eindrücke wirft „Nexus“ leider auch über den Rest der Spielzeit nie vollständig ab, doch macht die Platte diese Schwäche durch umso stärkere Songs wieder wett.
Der Trend nach oben manifestiert sich im Grunde mit „Night Hawk“, dessen kecke Pianolinien einiges hermachen. Dazu klingt Steve Howe hier deutlich investierter als zuvor, auch wenn er nach wie vor klar die zweite Geige spielt. Hier tritt auch das Weltraumthema deutlich in Erscheinung, das sich kraft der Songtitel wie „Moon Rising“ und „Infinite Space“ bislang nur erahnen ließ. Deutlicher jedenfalls als auf „Leaving Aurura“, das mit leicht angespacten Synthesizern daherkommt. Und wo wir gerade bei „Leaving Aurura“ und „Moon Rising“ waren: Letzteres klingt wie eine Variation von „Leaving Aurura“, tut dies aber in bewegender Art und Weise und lädt förmlich zum Träumen ein. „Passing Titan“ schraubt dann die Atmosphäre nach oben und klingt tatsächlich so, als wollten die Howes die weiten des Weltraums im Sinne der cheesy Achtziger darstellen – neben „Night Hawk“ das Highlight der Platte.
Mit einem glasklaren Sound versehen lässt sich „Nexus“ jederzeit hervorragend hören. Schade ist wie gesagt, dass das Album gerade zu Beginn etwas schwer tut, in Fahrt zu kommen. Die besseren Tracks halten „Nexus“ jedoch fest im überdurchschnittlichen Bereich, sodass die Platte als Nachlass von Virgil Howe vollkommen in Ordnung geht. Dazu tut es einfach gut, seinen Vater wieder voll in Aktion erleben zu können, selbst wenn er eine vergleichsweise untergeordnete Rolle im Sound spielt.
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