Violent Sin - Serpent's Call

Review

VIOLENT SIN sind eine Band aus Belgien, die sich mit ihrem Debüt „Serpent’s Call“ auf die Fahne schreibt, auf dem Erbe des Heavy Metal und seiner diversen Ableitungen, die sich im Laufe der Zeit (hier: vorzugsweise den Achtzigern) eben so ergeben haben, aufzubauen. Das heißt übersetzt, dass die Belgier Blackened Thrash mit jeder Menge Heavy-Metal-Harmonien und zuckendem Speed-Metal-Bleifuß spielen, wobei Thrash der ursprünglichen Art definitiv die Waffe der Wahl dieser Schlagetote ist. „Serpent’s Call“ hat definitiv wenig von der US-amerikanischen Präzision und noch weniger von METALLICAs Hang zu Thrash-Metal-Hymnen; wir sind mehr so in der Ecke früher KREATOR gelandet, wo es möglichst einfach nur so ruppig wie möglich auf die Ungewaschenen geben soll.

VIOLENT SIN knüppeln sich den Frust von der Seele

Vor allem zu Beginn des Albums gibt es mit derartigem Nachdruck aufs Fressbrett, dass einem Hören und Sehen vergeht. Sänger F. Sinister keift sich die meiste Zeit mit derart viel Hall versehen durch die Songs, dass man das Gesungene praktisch kaum versteht. Das ist aber auch in Ordnung, da es hier eindeutig mehr um Attitüde geht, zumal seine hysterischen Schreie die Adrenalinproduktion schon ordentlich befeuern. Und immer dann, wenn sich die Belgier mit derartigem Furor durch ihre Songs knüppeln, dass sie die Tracks vor lauter jugendlicher Wut gerade so im Griff zu haben scheinen, ist „Serpent’s Call“ am besten. Der frühe Gipfel dessen ist „Deacon Of Death“, das zwischen geradezu tollwütigen Prügelattacken und fiesen, triolischen Grooves hin- und herschaltet.

Wo die Jungs dann aber schwächeln, ist, wenn sie den Fuß vom Gaspedal nehmen und versuchen, die Heavy-Metal-Seite ihres Sounds zu betonen. „Nuns Are No Fun“ ist so ein Beispiel. An sich kein schlechter Track, immerhin hätten ENFORCER das Ding gnadenlos gerockt, zumindest bevor sie beim ironisch betitelten „Zenith“ zum Papiertiger degenerierten. Aber bei VIOLENT SIN beißen sich die untergründige Produktion und der aggressive Gesang von F. Sinister mit dem Anspruch, den ein derart melodischer Track nun mal erhebt. Es ist das gleiche Problem, das unsereins mit einem Großteil des KRYPTOS-Corpus hat. Hinzu kommen weitere Schnitzer wie ungeschickt inszenierte Songs á la „Awaiting The Gallows“, bei denen irgendwie gar nichts so richtig zusammen passen möchte.

Dabei steckt „Serpent’s Call“ aber in einer Identitätskrise

Der Kampf mit der eigenen, musikalischen Identität, den VIOLENT SIN hier mit sich selbst austragen, begegnet einem auf „Serpent’s Call“ immer dann, wenn die Belgier eben versuchen, etwas hymnischer zu werden, siehe/höre auch „Burn“. Die Belgier müssen einfach noch ihre Identität finden. Ihr untergründiger Sound, das schwarzmetallische Fundament und der konstant schwingende Knüppel schreien „Auf die Fresse“, aber das Songwriting versucht ständig, in hymnische Höhen vorzustoßen, welche die Belgier einfach (noch) nicht draufhaben.

Den Vorwurf, dass VIOLENT SIN langfristig an den Nerven kratzen mit ihrem akustischen Vollangriff und der zum Teil wirklich grenzwertig übersteuerten Produktion, die so klingt wie der Versuch, mangelnde Spielfinesse und -erfahrung mit Lofi-Ästhetik zu kaschieren, müssen sich die Jungs ebenfalls gefallen lassen. Andererseits kocht der jugendliche Zorn bei den Belgiern noch so heiß, dass man ihm wenigstens ein bisschen Kurzweil abgewinnen kann. Nächstes Mal darf’s trotzdem gern ausgefeilter werden …

19.05.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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