Auch hinter dem mittlerweile achten Album des schwedischen Duos VINTERSORG steckt ganz offensichtlich ein umfassendes Konzept, sowohl in lyrischer als auch in musikalischer Hinsicht. Somit beweist “Orkan“ schon mal zu allererst, dass die Arbeitswut von Songschreiber Andreas Hedlund keinen billigen Schein darstellt, sondern dass durchaus immer wieder ein umfassendes Resultat dahinter steckt – unabhängig von dessen tatsächlichen, qualitativen Ausmaß. Demzufolge ist in dieser Hinsicht auch das nächste Werk der Schweden abermals nicht allzu einfach zu greifen. Hinzukommt, dass die Stücke im Einzelnen noch ein Zacken länger geworden sind und sich gleichermaßen auch die inhaltliche Substanz vergrößert zu haben scheint.
Meine persönliche Wahrnehmung würde die Musiker eigentlich dazu anhalten, den thematischen Ansatz der Erdgebundenheit auf dem Vorgänger “Jordpuls“ mit mehreren akustischen und beruhigenden Elementen auszustatten, doch schließlich war das letztjährige Album insgesamt recht harsch, während das Neuwerk mit dem stürmischen Titel “Orkan“ mit eindeutig mehr gegenpoliger, ruhigerer Momente aufwartet. Bereits der Opener des einmal mehr komplett in schwedischer Sprache gefassten Albums, “Istid“, lässt erahnen, mit welcher Vielschichtigkeit VINTERSORG in diesem Jahr vorgehen. Zunächst windet es ordentlich, auch wenn einem direkt cleane Vocals, anstelle von düsterem Schwarz-Gekeife, entgegen blasen. Atmosphärisch finden sich in der Tat gar nicht mal allzu viele Parts, welche die dunkle Naturgewalt einer stürmischen See symbolisieren. Viel mehr scheint mir die Hoffnung einen wesentlichen Eindruck auf “Orkan“ hinterlassen zu haben, denn aus den vielen akustischen, beziehungsweise gedrosselten Passagen spricht nicht unbedingt die Düsternis.
Wirkliche Stille kehrt auf “Orkan“ hingegen zu beinahe keinem Zeitpunkt ein. Selbst wenn die zentralen Instrumente für einen kurzen Moment stillstehen, hält ein seichtes Klingen aus der Ferne den Hörer in VINTERSORGs Geschichte fest. Dennoch hat das Duo auch die Höhepunkte nicht vergessen und mit dem dritten Stück “Polarnatten“ ein echtes Highlight auf die Platte gepackt. Anhand der sich dort in bestem Zusammenhang zeigenden Wechsel- und Synergiewirkungen zwischen akustischen Passagen, teilweise gar reichlich rockigen Elementen und kurzen Black-Metal-Ausbrüchen, fällt es bei diesem Song am leichtesten, in die thematische Aura des Gesamtwerkes einzutauchen.
Überladung und Ziellosigkeit waren insgesamt schon Kritikpunkte, warum “Jordpuls“ bei metal.de nicht in sehr gute Gefilde aufsteigen konnte. Bei “Orkan“ muss ich zugeben, dass diese Aspekte auch in meiner Wahrnehmung mehr Nahrung gefunden haben, obwohl ich die Scheibe für ziemlich fokussiert halte. Doch manchmal ist ein etwas überfrachtetes Gesamtbild unabdingbar mit einem gewissen Verlust des Zielkonzeptes verknüpft. Das fällt bei der neuen VINTERSORG manchmal auf und lässt die Band, trotz Entwicklung und teilweise sehr ausgeprägter atmosphärischer Momente, erneut auf der Stelle treten, was rein qualitative Belange betrifft.
Sehr gutes Review. Stimme voll und ganz dem hier vermittelten Eindruck zu. VINTERSORG klingt/klingen für mich in den letzten Jahren irgendwie immer so gezwungen überladen. Etwas mehr „Freiheit“ (wie es die Albumtitel versprechen) und etwas mehr Basis bitte. Scheiß auf Fummelei an den Instrumenten oder darauf, möglichst viele Parts in einen Song zu packen. Ich möchte Hymnen hören und keinen künstlich aufgeblasenen Folk-Bombast-Prog-Viking-Black-Metal oder was auch immer…