Ins öffentliche Bewusstsein getreten sind die Osloer VINGULMORK 2014 mit einer Demo-EP, bevor sie 2015 ihren ersten Longplayer „Chiaroscuro“ bei ihrem heutigen Label, den Landsleuten von Crime Records, veröffentlichten. Letzterer wurde von der Fachpresse teils zwiespältig beurteilt. Einige Kritiker lobten die Intensität und Dynamik der Black-Thrash-Melange. Andere wiederum bemängelten, dass die Songs sich nicht abhöben, die Thrash-Melodien zu generisch seien und nicht das Potenzial hätten, aus der Masse ähnlicher Kombos herauszustechen. Point taken. Nun legen die Norweger mit „Avgrunn“ eine weitere EP nach. Stilistisch hat man sich weiterentwickelt.
„Avgrunn“ belegt einen Entwicklungsschritt
Legt man zum Vergleich nochmal den Vorgänger auf, sind die thrashigen Melodien sehr vordergründig und dominant. „Avgrunn“ markiert so gesehen also in der Tat eine Evolution. Es fällt auf, dass der Stil der Truppe sich teilweise von den Thrash-Elementen wegbewegt und zu einem melodieorientierten Black Metal gewandelt hat, wobei die alten Anleihen immer noch präsent sind – wenn auch in zurückhaltenderer Intepretation.
Mit „Ytterst“ wird dem Hörer auch gleich zu Anfang der längste Track der Scheibe präsentiert. Das ruhige aber unheilvolle Intro wird von einem infernalisch krächzenden Schrei jäh unterbrochen. Wer die Vocals von Sänger Jostein Køhn erstmals vernimmt, mag sich vielleicht an GORGOROTH’s „Under the Sign of Hell“ erinnert fühlen. Der Mann klingt als habe die Hölle ihn gerade frisch ausgespuckt. Musikalisch stehen wieder melodische Parts im Vordergrund. Die beiden Gitarren harmonieren hier wirklich schön und anders als auf dem Vorgänger setzen die Jungs verstärkt auf klassisches Black-Metal-Tremolo-Picking. Trotz der melodischen Ausrichtung kommt aber eine ordentliche Aggressivität rüber, die natürlich auch über die fies gekeiften Vocals hochgehalten wird. Das ganze Schauspiel trägt sich im Mid- und Low-Tempo-Bereich zu.
VINGULMORK balancieren Melodie und Aggressivität
In die gleiche Kerbe schlägt auch der zweite Track der EP. „Eternally Swallow, Eternally Keep“ badet ebenfalls im Dualismus von Melodie und Agressivität und ist dabei genauso Black Metal wie der Opener. Im Gegensatz zu selbigem wird hier aber von Beginn ordentlich Tempo vorgelegt. Im dritten Akt schlägt dann schließlich die Vergangenheit zu und Meister Thrash hat die Finger am Griffbrett. „Land of Nothing“ erinnert wieder stärker an das Vorgängeralbum, dennoch weben die Jungs hier mehr schwarze Fäden in den Klangteppich als bei den älteren Songs. Die Mischung stimmt, der Track überzeugt auf Anhieb. Der Rhythmus treibt ordentlich, die Melodie geht sofort ins Ohr. Zum Abschluss bedient der Rausschmeißer „Døderlein“ nochmal den melodisch orientierten Schwarzmetaller, wobei der Song sich im niedrigen Tempobereich bewegt und trotz gelegentlicher Highspeed-Intermezzi eher gemächlich dahinplätschert.
Mit „Avgrunn“ geben VINGULMORK also den Black-Metal-Elementen in ihrem Sound bewusst größerem Raum, ohne jedoch ihre Wurzeln ganz zu vergessen. Gerade die ersten beiden Stücke werden Anhänger der melodiebetonteren Schwarzkittel wie DISSECTION oder OLD MAN’S CHILD bestimmt zufriedenstellen. Man darf also gespannt sein auf den nächsten Output der Osloer und darauf, wie diese Entwicklung sich fortsetzt. Potenzial hat die Truppe in jedem Fall.
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