Vicious Rumors - Celebration Decay

Review

Galerie mit 14 Bildern: Vicious Rumors - Headbangers Open Air 2023 Warm Up

VICIOUS RUMORS sind eine US-Metal-Legende mit einigen unangefochtenen Klassikern in der Vita. Was hätte aus der Band werden können, wenn Identifikationsstimme Carl Albert noch unter uns weilte! Ungeachtet dessen muss man dem eigenwilligen Mastermind Geoff Thorpe (Gitarre) dennoch Respekt für seine Beharrlichkeit zollen. Denn auch in den dem klassischem Metal eher feindselig gesinnten Neunzigern zog er eisern sein Ding durch – mit durchwachsenem Erfolg zwar; trotzdem kann man sagen, dass VICIOUS RUMORS mit der Hinzunahme von Sänger Brian Allen und dem Album “Razorback Killers” wieder einigermaßen auf Kurs waren. Auch auf den folgenden (guten) Alben “Electric Punishment” (2013) und “Concussion Protocol” (2016, mit Nick Holleman am Mikro) machten sich Probleme in den Line-ups bemerkbar und nicht jeder Song war trotz solidem Grundniveau ein echter Treffer. Nun also stellt sich auf “Celebration Decay” mit Nick Courtney der dritte Sänger in drei Alben vor und es stellt sich die Frage, ob VICIOUS RUMORS ihre Siegesserie im gefühlt vierten Frühling fortsetzen können.

“Celebration Decay” knallt ordentlich ins Gesicht …

Es heulen Warnsirenen, ein langsames Riff ertönt zur Begrüßung und eine Leadgitarre erklingt, die so markant nur von Geoff Thorpe inszeniert werden kann. Kurzer Break und – verdammt noch mal, ja! Mit verdammt viel Feuer unterm Hintern und jede Menge Thrash in den Handgelenken galoppieren sich VICIOUS RUMORS durch einen mitreißenden Up-Tempo-Banger, der demonstriert, wie ein grundsolider US-Metal-Song heutzutage zu klingen hat. Dazu macht Neu-Shouter Nick Courtney eine gute Figur. Er singt in den mittleren Tonlagen kräftig und beherrscht die für diese Musikrichtung so essentiellen hohen Screams. Beim folgenden eher heavy groovenden und sehr schön treibenden “Pulse Of The Dead” wird gar offensichtlich, dass der Mann eine ansehnliche Konkurrenz zu Namen wie Ralf Scheepers oder Tim Owens darstellen könnte. Zudem sind der knackige Sound und die zur Schau gestellte Spielfreude zuträglich für den Hörspaß.

Der dritte Song “Arrival Of Desolation” schafft sogar eine nette Remineszenz an den eigenen Klassiker “World And Machines” und gefällt mit einigen ICED-EARTH-Gedächtnis-Parts. Das folgende “Any Last Words” weiß erneut mit tollem Groove zu gefallen und hat einen eingängigen, aber nicht allzu aufdringlichen Chorus. Vier aufeinander folgende solide Knaller auf den Startpositionen – das könnte bisher das Urenkel von “Painkiller” werden. Hält “Celebration Decay” seine Versprechen?

… und streichelt dann zart weiter.

Problematischerweise haben VICIOUS RUMORS in der Mitte des Albums eine nahezu unverzeihliche Durststrecke platziert. Da wären zunächst “Asylum Of Blood”, das mit PANTERA-Parts für Nachwuchs-Bollos versehen wurde und schlicht unpassend wirkt. Nick Courtney nervt überdies mit Pseudo-Gebrüll im Refrain und es ist  festzustellen, dass VICIOUS RUMORS jetzt das Tempo von Song zu Song immer weiter drosseln. Was soll das nach so einem furiosen Start?

Anschließend versuchen sich Thorpe & Co. mit “Darkness Divine” an einer Art Ballade für harte Jungs, die aber fast keine Stimmung aufbauen kann, weil sie genau so klingt: Harte Jungs, die keine Gefühle zeigen können, versuchen es trotzdem. Nicht zuletzt, weil Nick Courtney trotz verringertem Energielevel weiterhin eher grölt, als gefühlvoll singt und sich erneut PANTERA-Riffs eingeschlichen haben. Mit dem kitschigen “Long Way Home” und dem lahmen JUDAS -PRIEST-Abklatsch namens “Death Eternal” – ungünstigerweise auch die erste Single des Albums – haben sich sogar zwei ziemliche Ausfälle eingeschlichen. Entsetzen macht sich breit. Wie ist es möglich, nach vier aufeinander folgenden richtig guten Stücken so viel Füllmaterial auf einmal anzubieten?

VICIOUS RUMORS kriegen die Kurve gerade noch

Zum Glück haben die letzten beiden Nummern “Collision Course Disaster” und “Masquerade Of Good Intentions” wieder deutlich mehr Pepp und Einfallsreichtum, sodass man “Celebration Decay” einigermaßen versöhnlich gestimmt verlassen kann. Als Bilanz bleibt ein guter neuer Sänger, der höchstwahrscheinlich seine eigentlichen Stärken nicht immer ausspielen durfte, ein fetter und spaßiger Sound sowie ziemlich durchwachsenes Songmaterial. Die Mid-Tempo-Nummern wirken wie Schnellschüsse ohne echte Hooklines, die sich an Trendbands der späten Neunziger und frühen Nuller anbiedern und einer Institution wie VICIOUS RUMORS nicht wirklich gerecht werden. Da hilft auch das wie immer überirdische Gitarrenspiel von Geoff Thorpe, das kongenial mit seinem langjährigen Partner Larry Howe (Drums) harmoniert, nicht mehr viel. Beim nächsten Mal ist da mehr drin!

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16.08.2020

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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10 Kommentare zu Vicious Rumors - Celebration Decay

  1. Salems Witch sagt:

    Aktuell haben die mal wieder keinen Sänger. Da wird wohl jeder nach einem Album vergrault. So einen Sängerverschleiß hatte glaube ich noch keine Band

  2. Werner sagt:

    Jau,

    wird hoffentlich nicht am Stimmbruch liegen, dafür sind die Jungens eigentlich zu alt:)

    Ich mag die Mucke recht gerne von der Band.

  3. Salems Witch sagt:

    Ich auch vorallem die alten Alben. Selbst noch mehrmals live gesehen.

  4. Das ist nicht ganz richtig. Der neue Sänger heißt Brian Betterton. Eine Hörprobe wäre wohl bei Kill Ritual möglich. VR sind unter anderem für das Hellmond Festival im kommenden Sommer bestätigt.
    Angeblich arbeiten VR an einem neuen Album, aber das erzählte Geoff bereits vor circa 1,5 Jahren.

  5. Werner sagt:

    Ehrlich gesagt, ich sehe das Album bei 8 von 10.
    Die erste Hälfte sogar bei 9.

    Über die Jahre immer wieder gerne gehört, was die Jungens so machen.

    8/10
  6. Salems Witch sagt:

    Trotzdem merkwürdig das die auf fast jedem neuen Album einen neuen Sänger brauchen. Sind die alten Original Mitglieder wohl nie zufrieden

  7. Werner sagt:

    Morjen SW,

    du, es gibts kaum schwereres heutzutage, als ne Truppe Musiker zusammen zu halten.

    Gute Musiker sind in der Regel extrems sensitiv und haben ihre Marotten – und ein großes Ego – sonst würden die nie ihre Ziele umsetzen können. Die risikieren alles für die Mucke und Umsetzung ihrer Träume. Ich hatte mal einen der Gründer der Söhne Mannheims – ich meine Fouquet hieß der – als Fitneßtrainer im Borngarten in Mainz oben.

    Der erzählte mir, was der Xavier damals alles auf sich nahm für sein erstes Album und Solokarriere – das hätte ich mich nie getraut.

    Mit meinen Bands war das nicht anders – die jungen Leute wollten cool sein, ne Freundin ergattern und bewundert werden, also machten sie Mucke – so verlor ich einen Gitarristen, Bassisten und Schlagzeuger nach dem anderen quasi im paar Monatstakt und das war extrem frustrierend. Jedesmal wenn die ne Freundin eingetütet hatten, waren die weg.

    Andere sind umgezogen oder hatten einfach keinen Bock mehr auf Musik, obwohl sie irre begnadet waren, oder verloren die Lust am Rock und wollten Jazz machen. Zweimal hatte ich einen Sologitarristen in der Band, da scheiterte es am Ego- die Band spielte quasi ne halbe Stunde zusammen im Proberaum und weitere 1,5 Stunden mußten wir uns dem ersten Gitarristen seine Solo anhören. Der zweite – was war viel später – hatte sogar den deutschen Musikpreis an der Gitarre gewonnen und kam aus dem Osten – der hätte alles von Hard Rock auf Prog Rock und Richtung Satriani geändert und hatte keinen Bock, als er merkte, daß wir nicht mitgezogen sind.

    Ende vom Lied, der Sänger mit dem ich von Kind an zusammenarbeitete und auch Keyboard spielte – brachte sich noch Schlagzeug bei – und spielte alle Gitarren und den Bass und wir kauften Recording Equipment und spielten alles selbst ein.
    Ja, wir gaben das Thema Band einfach auf, weil das immer mehr Streß als Musik war.

    Du glaubst gar nicht, mit was für augeblasenen Egos heute junge Leuts schon zum Vorstellungsgespräch kommen und meinen, sie könnten alles nach ihrem Gusto umschmeißen und aus ner Rockband ne progressive Jazz Kapelle machen und umgekehrt.

    Daß es menschlich stimmt und das für lange Zeit und auch wenn man lange aufeinanderhängt ist ganz selten.

    Ich bin übrigens auf das Thema eingegangen in meiner Rezi zur neuen Diamonds Hadder – der Musiker hat einfach alles alleine komponiert und eingeprügelt – meisterlich- schau mal hier, wenn du etwas Zeit hast:
    https://betreutes-hoeren.de/Forum/showthread.php?tid=729&pid=14670#pid14670

    Ich kann das gut verstehen.

    Stimme ist übrigens ne besonders sensitive Sache- in den frühen 80ern war neben Iron Maiden meine Lieblingstruppe Tush aus Deutschland – die waren pervers gut aber machten erst 10 Jahre später nen Plattenvertrag – da hatte ich die einige Jahre aus den Ohren verloren wegen dem Job – da man die eben nur live erleben konnte.

    Ich war dann schockiert, weil das war dann nur noch ein Schatten von dem, was die mal machten und kaum wieder zu erkennen. Übers Iron Maiden Forum kam ich auf die Idee den Sänger ausfindig zu machen nach über 35 Jahren ohne Kontakt und rief den an – er freute sich sehr und konnte sich noch gut an mich als Hardcore Fan erinnern –
    ganz einfach, der Mann hat Stück für Stück seine Stimme verloren (der hatte aus meiner Sicht mehr drauf als Halford!) und hat das Album damals nur mühsam eingekrächzt und eigentlich damals schon 2 Jahre aufgehört – aber die Band fand keinen Sänger, auch nach Jahren nicht, der den ersetzen konnte.

    Musik gab er dann völlig auf und die Band tauschte zwar zig Sänger – kriegten das aber nie mehr gepeilt, weil der so einmalig war.

    Leider ist der Ton und Bild sehr schlecht – und da war er eigentlich schon am Ende – 1988 –
    aber dennoch – waren die gut!

    https://www.youtube.com/watch?v=0mnZ7t05YwY

    Bis ca. Mitte der 80er half ich für die Jungens an den Wochenenden Konzertlocations klar zu machen.

    Der Lead Gitarrist Gerold Hirschler war ein Tier – was der drauf hatte, erlebte ich bis heute nicht mehr –
    hab mir einiges bei dem abgeschaut, auf jedem Konzert hatte er einen langen Soloauftritt, es gab kaum ein Körperteil mit dem er nicht spielte:)
    Was ich sagen will, gerade bei Sängern ist es oft die Gesundheit und daß der Körper die Leistung dauerhaft nicht mitmacht – das mußte schon Heintje erleben, als er in den Stimmbruch kam:)))))

    Kein Witz, ich hab den geliebt:)

    Übrigens- auch bei meiner Lieblingsband Primal Fear drehte sich das Personalkarussell schon sehr oft, wenn du die Vita der Band anschaust, gerade aktuell wieder alle weg bis auf die Gründer Mat Sinner und Ralf Scheepers.

    Genauso erlebte ich das mit meinem Sänger Hans-Peter Pokorny über 30 Jahre lang. Mir hat Mat Sinner 2007 mal gesagt: Werner, in dem Busineß überleben langfristig nur fleißige Arbeitsbienen.
    Soweit mal meine Gedanken zum Thema häufiger Musikerwechsel.

  8. Werner sagt:

    Morjen,

    mein letzter Kommentar war etwas länger – der wurde nicht freigeschaltet und soll erst an die Moderation, hab ich was falsch gemacht?

  9. Hans Völkel sagt:

    Morgen Werner,

    ich habe mir das mal angeschaut und vermute, dass es an den Links im Kommentar liegt, denn da reagiert unser System empfindlich. Ich muss ganz kurz Rücksprache halten, schalte deinen Kommentar aber nachher frei.

  10. Werner sagt:

    Nabend Hans,

    mensch dankeschön, hat geklappt – und sogar wieder mit Freizeichen und Leerzeilen.

    Ich hatte echt Ängste, ich hätte was geschrieben, was ich nicht darf oder irgendwen verletzt.

    Das wär für mich ganz schlimm.

    Juute Nacht!