Vesperian Sorrow - Stormwinds Of Ages

Review

Alle, die bei jeder Gelegenheit über den offensichtlichen Verfall DIMMU BORGIRs schimpfen, sollten sich unbedingt einmal VESPERIAN SORROWs „Stormwinds Of Ages“ anhören: So schlimm sind die Kommerz-Norweger dann doch eigentlich nicht, oder!?

Der Sechser aus Austin, Texas (wenigstens einen Exoten-Bonus gibt’s an dieser Stelle – amerikanisch klingt die Band nämlich echt nicht!), zeigt in knapp 59 Minuten eindrucksarm, warum man als Schwarzwurzel allen Grund hat, symphonischen, melodschen und – ich sag’s jetzt einfach mal – eierlosen Black Metal manchmal ziemlich ätzend zu finden. Gut, das vierte Album der 1994 gegründeten Band als ‚Griff ins Klo‘ zu bezeichnen würde den Herren nicht gerecht werden, darum fange ich mal bei den positiven Aspekten an:

Rein technisch sind VESPERIAN SORROW richtig gut und wohl den meisten melodischen Schwarzmetall-Kapellen überlegen. Das fängt beim extrem zackigen Schlagzeug an (man könnte meinen, Proscriptor höchstpersönlich hätte an den Kesseln gesessen…), das aber leider vollkommen zu Tode getriggert ist und damit (Verdammt, ich wollte doch die positiven…) jeglicher Dynamik schon vorher den Garaus macht. Auch die Gitarristen beherrschen ihre Instrumente und entlocken ihnen so manch respektable Saitenhexerei, die mich mehr als einmal an die kanadischen QUO VADIS erinnern. Last, but not least sei an dieser Stelle Keyboarder Subverseraph [sic!] genannt, der offenbar auch ziemlich flotte Finger besitzt, dadurch aber auch nicht über die extrem billig klingende Synthetik hinwegtäuschen kann. ‚Omnipräsent‘ ist als Bezeichnung für jene übrigens eine gnadenlose Untertreibung – ‚omnipenetrant‘ trifft’s da schon eher.

Aufmerksame Leser werden bei der Nennung QUO VADIS‘ als Vergleich schon gestutzt haben – was bitteschön hat angethrashter Melodic Death Metal mit symphonischem Black Metal zu tun? Richtig, eigentlich gar nichts, was mir den Einstieg in die Kritik an den zehn Songs (plus Intro) erleichtert: Echte Atmosphäre transportieren die Gitarrenmotive nämlich so gut wie nie. Dafür ist das alles zu gut gelaunt und vor allem zu wuselig. Hier und da sind tatsächlich ein paar nette Black Metal-Leads zu hören, doch diese gehen in diesem Wust an Motiven einfach unter. Das bringt mich zum nächsten Punkt: VESPERIAN SORROW nehmen sich überhaupt keine Zeit, ihre Ideen mal zu entwickeln. Die Songs bewegen sich durchgehend auf der Durchreise, in einer Stimmungs-Gangart. Das ermüdet auf Dauer einfach und macht „Stormwinds Of Ages“ trotz seiner technischen Finessen zu einem sehr gleichförmigen Album, bei dem die anspruchsvollste Aufgabe für den Hörer darin besteht, zu entscheiden, was denn jetzt schmückendes Beiwerk ist: Die Gitarren oder die Keyboards.

Für mich klingt „Stormwinds Of Ages“ insgesamt wie ein Album, auf dem ein viel zu großer Anteil der zu findenden Ideen ein „Weil wir’s können!“ als Begründung hat. Wer sich auch für seelenlosen Symphonic Black Metal begeistern kann, der zudem noch schlimmer als sonst mit süßlichen Keyboards zugekleistert ist: Bitte. Ich verzichte.

29.05.2012
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