Sage und schreibe zwanzig Jahre treiben VALBORG schon ihr Unwesen. Dabei ist „Der Alte“ das inzwischen achte Studioalbum der Bonner. Stilistisch geht die Truppe unter eigenwillig bis krude durch, und für eine Sezierschublade muss der Stempel „Progressive Punk Doom Death Metal“ herhalten, wobei die Beschreibung der dargebotenen Musik nicht vollständig gerecht wird.
Doom-Punk-Chamäleon VALBORG
VALBORG müssen die Zuhörerschaft spalten, denn der Ausdruck steht klar im Vordergrund. Und das kann bei der Botschaft mehr als einmal fies ausfallen – anecken darf diese in jedem einzelnen Fall. „Der Alte“ ist ein authentischer, natürlicher Nachfolger des letzten Albums „Zentrum“, der trotz klarer Stilistik immer wieder neue Akzente setzt. Lieben oder hassen ist dabei nicht wichtig, denn Expressionismus, gepaart mit Garstigkeit und unkonventioneller Wortwahl, lässt eine Entscheidung diesbezüglich gar nicht zu.
Die Kompositionen sind in Struktur und Aufbau oft minimalistisch, fast stumpf – sie wirken aber genau dadurch wütend wie eine kräftige Ohrfeige. Eine ausgefallene Kunst gegen Ästhetik und Schöngeist, was aber auch dieses Album durchgängig spannend hält. Inhaltlich lebt „Der Alte“ von seinen bildhaften Texten, die gerne an deutschsprachige Künstler und Künstlerinnen wie BETHLEHEM, TOTENMOND oder sogar OSWALD HENKE erinnern. VALBORG lieben die Metaphorik der deutschen Sprache und befeuern den Hörer mit Bildlandschaften und Neologismen.
Das Album ist in seinem Verlauf wirklich eine emotionale Talfahrt, die mit dem stampfenden „Asbach“ sofort lostritt. Der Song „Saturn Eros Xenomorph“ überrascht dann mit seinem säuselnden Refrain und erinnert durchaus an die Ballade „Nahtod“ vom letzten Album. „Kommando Aus Der Zukunft“ kann mit seinem fast doomigen Charakter die Herzfrequenzen wieder etwas auf Normalität justieren, bei „Verdacht im Palast“ scheint Gollum selbst den Text auszuspeien, während „Sehnsucht Nach Unendlichkeit“ mit subtilem Sprechgesang der Marke GOETHES ERBEN tief im Kortex gräbt und Hörerinnen und Hörer mit ihren Urängsten konfrontiert.
„Der Alte“ – Stumpf und bildhaft
Mit „Der Alte“ polarisieren VALBORG wieder durchgängig und kitzeln jede erdenkbare Emotion hervor. Dauerprovokation, die für den Nicht-des-Deutschen-mächtigen-Hörer wahrscheinlich nur halb so erschlagend wirkt. Eine unkonventionelle Platte, die nicht jeden Tag funktioniert, aber immer triggert und im Gemisch aus Feingefühl und Hammerschlag unbedingt etwas auslösen will. Je nach Tagesstimmung steigt und fällt das Hörerlebnis von spannend bis toxisch – denn eine Mischung aus Sprachlosigkeit, Unverständnis und Suchtpotential lässt das Album nicht so schnell aus der Dauerrotation verschwinden.
Der Gastschreiber hat seine Sache hier gut gemacht! Liest sich angenehm, sagt genug aus, zieht Vergleiche zudem Vorgängern. Da hat sich jemand mit der Band beschäftigt. Sieht man ja leider nicht immer so.
Zu Valborg: ich find die ja schon immer abgefahren genial. Nicht alles ist wirklich gut, aber immer wieder überraschen die einen mit Abartigkeiten und Verrücktheiten abseits von gängigen Standards. Sind und bleiben spannend und die Platte drückt einem so richtig ekelhaft das musikalische Arschloch ins Gesicht.
Auch ich kann mich der wirklich sehr guten Review nur anschließen und insbesondere den letzten Satz mitunterzeichnen.