UNLOCKING THE TRUTH hatten für einige Zeit zumindest im US-amerikanischen Raum mal einen ähnlichen Hype wie BABYMETAL. Dabei lässt sich als einziger Überschneidungspunkt zwischen beiden Bands das geringe Alter ihrer Protagonisten anführen. Als das Trio aus Brooklyn 2014 einen Megadeal mit Sony Music unterzeichnen wollte, musste der Oberste Gerichtshof von New York die Rechtmäßigkeit des Vertrages mit den Minderjährigen prüfen. Sowohl beim Coachella Festival als auch bei der Vans Warped Tour 2014 waren UNLOCKING THE TRUTH die jüngste Band, die jemals das jeweilige Festival beehrt hatte. 2016 ist es nun soweit. Das Debütalbum der Band, deren Gründungsmitglieder sich angeblich 2005 bei einem Kindergeburtstag kennenlernten, steht in den Startlöchern. Aber ist „Chaos“ nun clever vermarkteter Disney-Metal, oder können UNLOCKING THE TRUTH auch abseits ihres Jungspund-Images überzeugen?
Die hymnischen Refrains fehlen nie
Wie so oft, liegt die Antwort irgendwo dazwischen. Musikalisch pendelt „Chaos“ zwischen überfett produziertem Metalcore, Heavy Metal und vereinzelten Thrash-Einschlägen („Monster“). In vielen Momenten lässt das Gesamtpaket an die jungen BULLET FOR MY VALENTINE denken. Nicht von ungefähr war ein gewisser Matthew Tuck zum Zeitpunkt der Bandgründung 1998 ebenfalls erst 18 Jahre alt. Und so sind es auch vor allem die Vocals von Malcom Brickhouse, insbesondere die leicht angerauten Klargesangs-Parts, die Erinnerungen an die Waliser Metalcore-Wegbereiter hervorrufen. Auch funktionieren die allermeisten Songs auf dem Debüt von UNLOCKING THE TRUTH nach der altbekannten Metalcore-Formel, nach der auf einen schnellen, mal mehr und mal weniger harten Vers, immer ein verlangsamter und absolut singbarer Refrain folgen muss.
Selbst wenn zwischendurch in der ungestümen Manier der frühen AVENGED SEVENFOLD losgeknüppelt wird („Help Me“), doppeln sich spätestens im Refrain wieder auf simpelste Art und Weise Gesang und Gitarren für die Ohrwurm-Attacke. Dabei machen UNLOCKING THE TRUTH das, was sie machen, allerdings keineswegs schlecht. Trotz des sehr ähnlichen und vorhersehbaren Aufbaus gehen die meisten der elf Songs gut ins Ohr. Instrumental kann man den Jungs ohnehin wenig vorwerfen. Das nötige Werkzeug für den hymnischen Einsteiger-Metal haben sie definitiv zur Hand.
UNLOCKING THE TRUTH liefern überwiegend Bekanntes
Kritisch lässt sich anmerken, dass man es bei der Produktion von „Chaos“ offenbar übergroßes Augenmerk auf einen möglichst fetten Sound gelegt hat. Vor allem die Drums knüppeln daher nun manchmal hart an der Grenze zur Übersteuerung und kontrastieren Brickhouses dünne Stimme unangenehm. Womit der zweite Kritikpunkt erreicht wäre. Aber geben wir ihm noch ein paar Jahre hartes Touren, wenig Schlaf und Billigwhiskey, dann wird das schon noch werden.
UNLOCKING THE TRUTH liefern mit „Chaos“ ein Album ab, das die melodische Metalcore-Stangenware zwar überwiegend hinter sich lässt, trotzdem aber nicht gerade durch Eigenständigkeit glänzt und hie und da mit einigen handwerklichen Mängeln zu kämpfen hat.
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