Unholy Matrimony - Misologie

Review

UNHOLY MATRIMONY-Chef Vladimir ist ein umtriebiger Geselle, der neben der vorliegenden Formation noch vier weitere Projekte am laufen hat. Darüber hinaus scheint er nicht so sehr auf Gruppendynamik zu stehen, weshalb er bei allen „Bands“ für sämtliche (!) Bereiche höchstpersönlich verantwortlich zeichnet. Und da der Mann kein Schlagzeuger ist, hat das Konsequenzen. Ein Drumcomputer kann so gut klingen, dass man nicht merkt, es mit einer Maschine zu tun zu haben; davon ist das programmierte Gerattel auf „Misologie“ allerdings kilometerweit entfernt. Das Teil tuckert so dünn, dass die Musik von vorneherein jeglichen Drucks beraubt wird. Hinzu kommt, dass der Snare-Sound viel zu leise ist und einige Songs deshalb zu einer heiteren Runde des beliebten Gesellschaftsspiels „Such den Beat!“ einladen. Speziell bei den zahlreich vorhandenen Blasts haben die Nummern wenig Struktur. Und sollte sich der Schweizer doch mal irgendwann dazu entschließen, einen „echten“ Schlagzeuger anzuwerben, kann sich der Auserwählte schon mal darauf freuen, die Sachen dieser Platte nachzuspielen. Wenn er ein durchschnittliches Exemplar der Spezies Mensch ist – also nur zwei Arme und Beine hat –, wird er bei vielen Passagen, die sich der Meister hier zusammengepuzzelt hat, abwinken müssen; das ist leider nicht spielbar.
Ich habe aber den Verdacht, dass sich die ganze Geschichte sowieso schon erledigt hat, da das vorliegende Album bereits aus dem Jahr 2003 stammt und die Homepage seitdem nur ganz vereinzelt aktualisiert wurde. Warum der Rundling drei Jahre später bei uns in der Redaktion gelandet ist, bleibt die große Preisfrage.
Nach dem Genuss von „Misologie“ kann ich aber sagen, dass es kein Beinbruch gewesen wäre, wenn sich der Dreher auch weiterhin meiner Kenntnis entzogen hätte. Das Gebotene ist absoluter Standard-Black-Metal, der okay gespielt ist, aber keine Atmosphäre aufkommen lassen will. Es gelingt einfach nicht, eine klirrende Kälte zu erzeugen – zumindest für mich eine absolute Grundvoraussetzung für Schwarzmetall. Trotz der annehmbaren Keiferei wirkt alles zu angenehm, zu brav, zu entspannt. Hier knallt – auch aufgrund der eingangs erwähnten Problematik – nicht viel. Es gibt Momente, wo man kurz aufhorcht, wie in dem über weite Strecken an Bands wie ISIS (!) erinnernden ‚Misologie – Fragment Sixième‘, und weil es sich bei dem Rundling um ein Konzeptalbum handelt, kann man z.B. in ‚Misologie – Fragment Huitième‘ das musikalische Leitthema des Openers wiederfinden; das reicht aber alles nicht, um die Platte über den Durchschnitt zu hieven. Muss man nicht haben.

17.04.2006

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