Uneven Structure - Paragon

Review

Soundcheck Oktober 2019# 15

Mit ihrem Full-Length-Debüt „Februus“ konnten die französischen Prog Metaller UNEVEN STRUCTURE zumindest auf dieser Seite noch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, sondern stießen eher mit ihrem zu sehr an den offensichtlichen Vorbildern angelehnten Djent sauer auf. Aber das ist schon einige Jahre her, die Platte kam schließlich 2011 heraus. Und in der Zeit kann viel passieren. Mittlerweile ist die Band mit „Paragon“ beim verflixten dritten Album angekommen. Und zumindest wenn es um den vom Vorredner monierten Djent-Abklatsch geht, hat die Band ihren Sound etwas weiterentwickelt.

UNEVEN STRUCTURE haben sich fortbewegt

Die Franzosen haben sich mittlerweile weitestgehend aus dem näheren Fahrwasser von MESHUGGAH verabschiedet, auch wenn sie natürlich weiterhin mindestens von deren Windschatten profitieren. Die Riffs sind aber etwas raumgreifender und weniger rhythmisch geworden und gehen mehr in eine bekömmlichere Modern-Metal-Richtung. In ihren atmosphärischeren Momenten kommen UNEVEN STRUCTURE so den besseren Vertretern des Modern Progs näher, zum Beispiel DISPERSE. Das tun sie allerdings frei nach dem Motto „Nur gucken, nicht anfassen“. Entsprechend bleiben sie dort selten länger als unbedingt notwendig, da die nächsten Downtuning-Riffs auf ihren Einsatz warten.

Die Band betreibt im wesentlichen ein zugegeben etwas vertracktes Wechselspiel aus den ansprechenden, atmosphärischen Passagen und besagten Riffwalzen, das im Wellengang des zeitgemäßen Metalcore mit Light-Djent-Würze fährt. Zumindest etwas mehr kompositorische Tiefe verleihen UNEVEN STRUCTURE diesem im Vergleich zu anderen Bands, die in eine ähnliche Kerbe schlagen. Wütende Shouts wechseln sich dabei mit klarem Gesang ab, was beides solide, aber nicht weltbewegend klingt. Letzterer lässt immer dann etwas aufhorchen, wenn er mehrstimmig daher kommt, verweilt für einen darüber hinaus gehenden Mehrwert aber zu sehr in der gleichen Stimmlage. Das passt zur Leistung einer Band, die Großes bewirken könnte, aber ärgerlicherweise unter ihren Möglichkeiten bleibt.

Der alte Modern-Metal-Hut?

Sie formt aus ihren Songs praktisch kaum Hits und geht zu selten auf spannende, musikalische Entdeckungsreise, was bei den instrumentalen Fertigkeiten der Bandmitglieder zweifelsohne drin wäre. „Innocent“ zum Beispiel klingt so, als würde sich der Song musikalisch nur um die eigene Achse drehen. „Outlaw“ klingt ebenfalls nur wie aus den Modern-Metal-Klischees der letzten zehn Jahre zusammen geklaut und hat praktisch kaum etwas eigenständiges zu bieten. „Creator“ scheint im Mittelteil auf diesen massiven Wutanfall hinsteuern zu wollen, der hat aber nicht die Wucht, die er bräuchte, um wirklich Eindruck zu schinden.

Dabei ist es nicht mal die Klangästhetik der Franzosen, die „Paragon“ zum Großteil eher unaufdringlich erscheinen lässt. Die Core-Keule mit progressiver Verdrahtung allein zieht eben heutzutage einfach nicht mehr so sehr. Selbst solche Alben können natürlich mit einschlägigen Songs und Hooks bestechen. Aber mit denen geizen die Franzosen etwas zu sehr. Aus der angedeuteten Polyrhythmik ergibt sich selten ein handfester, hervorstechender Groove und die Riffs verbleiben zum Großteil ihrer Aktivität rhythmisch uninteressant. Atmosphäre kriegen die Franzosen dagegen dank Synthesizer und anderer Effekthascherei durchgehend kompetent hin – und die ist üblicherweise elegant und geschmeidig ins Songwriting integriert.

„Paragon“ gefällt trotz allem im ausreichenden Maße

Besonders im hinteren Drittel der Platte zieht die Qualität ein bisschen an, sodass „Ruler“ ein dramaturgisch geschickt aufgezogener Song ist, der zwar immer noch kein Hit-Potential hat, aber diese progressiven Songschreiber-Qualitäten von UNEVEN STRUCTURE etwas besser in Szene setzt. „Lover“ und der Rausschmeißer „Everyman“ stellen sogar etwas mehr Aggressivität zur Schau und bleiben allein dadurch längerfristiger hängen als der Rest der Platte. Warum man derart viele Interludes in die Trackliste geschmuggelt hat, wo man diese – vor allem das wunderbare „Sage“ – in die Songs hätte integrieren können, muss man wohl nicht verstehen. Immerhin hat sich die Band aber seit ihren bescheidenen Anfängen definitiv fortbewegt. Zumindest lässt sich also ein Aufwärtstrend attestieren.

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26.12.2019

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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