UNE MISÈRE, mir zugespielt als Geheimtipp und mir bis dato unbekannt, erfolgt der Erstkontakt quasi im Blindflug und völligst unbelastet. Die Band, gegründet im Jahr 2016 hat sich in ihrer verhältnismäßigen, kurzen Historie stetig vorwärts gearbeitet, vorwärts gegraben. Festivalauftritte (Wacken Open Air, Summer Breeze) sowie die Ehre für SLAYER eine Show in Island zu eröffnen, zeigt, mit UNE MISÈRE sollte man sich beschäftigen. Mit „Sermon“, dem Debüt, muss man sich beschäftigen.
UNE MISÈRE: Vom Suchen nach dem Glück
Aus Island stammend, dem Land der Mythen und Legenden, dem Land der dunklen Erde und tiefen Seen, steht die nicht greifbare, unergründliche, pittoreske Faszination dieses Landes Pate für den Sound des Sextetts. Fein durchgezogen von einem thematischen, roten Faden, welcher vom Suchen nach dem Glück unter dem allgegenwärtigen Damoklesschwert des Todes erzählt, wälzt sich „Sermon“ in schweren Metal-Tönen. Bringt Tiefgründigkeit und emotionale Tiefe zu Tage, mit Nuancen aus Metalcore, Hardcore und Blackened Metal, ohne sich dabei zu einem unverdaulichen Brei zu vermengen.
„Sermon“: Mentale Lasten – Oberes Level
Die wütenden, verzweifelten Vocals des Fronters immer wieder unterbrochen oder unterstützt von bedrohlicher, düsterer Melodik, die schwermütigen Saitenklänge im stetigen Wechsel zwischen progressiv und aggressiv, damit halten die Isländer die Spannung, die sich innerhalb der Spiellänge von “Sermon” aufbaut weit im oberen Level.
Einmal darauf eingelassen, badet man förmlich in tonal transportierter Trauer, Wut, Elend, der zu keiner besseren Jahreszeit auf den Markt kommen konnte, als die der wolkenverhangenen Himmel und dunklen Abendstunden. UNE MISÈRE lassen ihre mentalen Lasten zu und bekämpfen diese gleichzeitig auf metallischer Ebene. „Failures“, der autobiographisch die ersten Tage im Kampf gegen Drogen, die ersten Tage eines Entzuges beschreibt, zeichnet mit starken Rhythmuswechseln und Breaks bedrohlich die erlebten Situationen nach. Fesselnd ist hier wohl das passendste Wort.
Blatt für Blatt im Kontrast
Passend auch das dazugehörige Artwork, welches aus der kreativen Feder von Niklas Sundin (DARK TRANQUILITY) stammt. Ein weibliches Wesen auf tiefschwarzen Grund umrahmt von Blüten als Kontrast Gut gegen Böse, Dämonen gegen Geister, Schatten und Licht und von der Band selber “Lady Death” genannt.
Ja, mit UNE MISÈRE sollte man sich beschäftigen, denn das hier vorgelegte Debüt „Sermon“ entblättert seine viele Schichten nicht auf den ersten Blick. Zeigt seine isländisch-pittoreske Qualitäten nicht sofort. Ehrlich und gleichzeitig komplex und facettenreich gebaut, entwickelt sich „Sermon“ von Hördurchlauf zu Hördurchlauf zu einem wertvollen, musikalischen Kleinod.
Wau. Auch ein ziemlich starkes Album geworden. Diese Mischung aus Hardcore (der Sänger hört sich an einigen Stellen ziemlich ähnlich wie Lou Koller an), angepisstem Metalcore und Metal triufft meinen Nerv. Dabei kann ich kaum abgesdroschenes erkennen, auch wenn sich diese ganze Midtempo-Riffings und Shout Outs natürlich bei sämtlichen Bands selben Genres ähnlich zusammenbauen. Vielleicht liegt es daran, dass ich meine Hardcore Ader wieder entdeckt habe dieses Jahr. ‚Sin & Guilt‘ gibt mal gleich zu Beginn als Opener die Marschrichtung an und wirkt dabei so dermaßen ‚un-isländisch‘, dass es eine Freude ist. I mog des.