Ulver - Themes From William Blakes...

Review

Da meine literarischen Kenntnisse bei Poe und Kafka enden, muß ich das Lexikon zu Hilfe nehmen: Wlliam Blake (1757-1827) war Maler und Grafiker der engl. Frühromantik, des weiteren werden ihm „mystisch-allegorische“ Dichtungen zugeschrieben. Und wirklich: Beim Versuch, seine wirren Abhandlungen im überragend aufgemachten Booklet inhaltlich auch nur halbwegs nachzuvollziehen, sieht man den verstörten Master Blake direkt vor sich sitzen, wie er im dunkelrot beleuchteten Kämmerlein opiumverseuchte, morbide Phantasien in Worte zu fassen gedenkt.

Der Backkatalog der Norweger ULVER ist mir leider fast ausschließlich vom Hörensagen bekannt. Ihr Debütalbum „Bergtatt“ gilt als eines der ersten Black Metal Alben mit Folk/Gothic-Anleihen und wurde von dem von mir geschätzten Robert Müller in eine Aufzählung der essentiellen „neueren“ Werke des Black Metals aufgenommen. Der in Dreierbesetzung aufgenommene, rein akustische Follow-up „Kveldsjanger“ gilt als Schmuckstück nordischer Folklore (!) und sorgte für erstes Erstaunen über die Wandlungsfähigkeit der Band, während ihr letztes Werk „The Madrigal Of The Night“ mit jetzt rohem 08/15-Gebolze und schlechter Produktion nicht unbedingt ein Highlight ihres Schaffens darstellen soll.

Mit der Vertonung von eines der Werke von William Blake, „The Marriage Of Heaven And Hell“, haben sich ULVER nun ein Denkmal gesetzt: Diese Doppel-CD definiert den Begriff Avantgarde in der harten Musik und ist frei jeglicher stilistischer Limitierung: Harte, melodische Gitarren treffen auf Triphop-Elemente, atmosphärische Instrumentalpassagen (kennt jemand den Soundtrack von Twin Peaks?) wechseln sich mit elektronischen Spielereien und Akustik-Stücken wie auf „Kveldsjanger“ ab, und alles wird dominiert von der beeindruckend charismatischen Stimme von Garm, dem ULVER- und ARCTURUS-Sänger. Gerade an letztere fühlt man sich ab und an erinnert, und wem „La Masquerade Infernale“ in seiner Komplexität gefallen hat, der darf auch hier bedenkenlos zugreifen. Aber Vorsicht: Leicht verdaulich ist das Ganze bestimmt nicht, viele Details und Melodien erschließen sich erst nach mehreren Durchgängen.

Ach ja, erwähnenswert sind noch die Gastmusiker in „A Song Of Liberty“: Ihsahn und Samoth von EMPEROR als auch Fenriz von DARKTHRONE unterstreichen den Stellenwert dieser CD. Laßt Euch also hinabführen in die düsteren Visionen des William Blake…

02.03.1999
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