Ultha, Paramnesia - Split

Review

ULTHA sind so etwas wie die Black Metal-Band der Stunde. Neben zwei starken Alben und zahlreichen Gigs – angefangen bei kleinen Jugendzentren bis hin zu renommierten Festivals (Roadburn, PartySan) – sind die Rheinländer längst kein Geheimtipp mehr. Es scheint ihnen momentan einfach alles zu gelingen. Zum Jahresabschluss gibt es nun eine Split mit den Franzosen von PARAMNESIA. Diese sind ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt mehr. Erste Aufmerksamkeit konnte man 2014 durch eine Split mit UNRU und dem anschließend ersten selbstbetitelten Album erzielen, welches gute Kritiken einfahren konnte.

20-Minuten-Lieder? Für PARAMNESIA gar kein Problem

Beginnen dürfen die Franzosen mit ihrem schlicht „VI“ betitelten fast 20-Minüter. Geboten wird hier zunächst Post Black Metal der schnellen und rabiateren Art. Auffällig ist der Gesang von Thibault Bapst, der nicht im klassischen schwarzmetallischen Sinne keift, sondern eher durch leicht hysterische Schreie glänzt. Die Vocals sind im Gesamtsound eher in den Hintergrund gemischt, während gerade das Schlagzeugspiel von Pierre Perichaud in den Anfangsminuten tonangebend ist. Musikalisch erinnert das Ganze dabei an Bands wie ALTARS OF PLAGUE und Konsorten.

Nach etwa sieben Minuten drosseln PARAMNESIA merklich das Tempo, bis man sich schließlich auf einen reinen instrumentalen Doom-Part reduziert. Durch diesen reduzierten Einsatz von Gitarre und Schlagzeug versprüht dieser Mittelpart eine latent melancholische Stimmung. Gerade durch das Gitarrenspiel entsteht auch eine gewisse Nähe zu den Genrekollegen aus Island. Doch bevor der Song droht, sich in der Langsamkeit zu verlieren, bricht er förmlich aus dieser trügerischen Ruhe aus und es wird wieder ordentlich Gas gegeben. Es wird, ähnlich wie zu Beginn, wieder ordentlich geknüppelt. Man darf hier aber kein marduksches Gebolze erwarten, denn trotz seiner Rohheit behält das letzte Drittel stets den ruhigen, fast melancholischen Unterton bei. Nach gut 18 Minuten klingt das Lied schließlich mit einem ruhigen Gitarrenspiel langsam aus.

Das Grundschema des Liedes ist altbekannt und man hat es in der Form schon hundertfach gehört: ein flotter Beginn, dann ein ruhiger, größtenteils instrumental vorgetragener Mittelpart und darauf folgend ein schnelles, härteres letztes Drittel. Die Kunst dabei ist es, dass dieses vertonte Triptychon musikalisch zusammenpassend und spannend sein muss. Oft verlieren sich Bands bei solchen „Epen“ in Monotonie oder reizen einzelne Parts unnötig lange aus, sodass der Hörer das Interesse verliert. Dies passiert PARAMNESIA hier nicht. „VI“ ist in sich stimmig und das Zusammenspiel aller gelingt durchgehend. Man merkt dem Song seine 19 Minuten zu keiner Zeit an, was als großes Lob zu verstehen ist.

ULTHA spielen ihre Stärken aus

Die Messlatte für ULTHA ist also auf eine ordentliche Höhe gelegt. Ihr Beitrag in Form des 18-minütigen „The Seventh Sorrow“ vereint dabei alle Trademarks, die man von der Band kennt. Ihr Ansatz ist dabei deutlich konservativer als bei PARAMNESIA. Der Song beginnt ruhig, fast schon verhalten. Das Drumming ist simpel gehalten und ein melodisches Gitarrenriff steht zunächst im Mittelpunkt, bis der Gesang nach etwa drei Minuten einsetzt. Dieser wechselt in typischer ULTHA-Manier zwischen Gekeife und verhaltenem Klargesang. Langsam und gemächlich wächst das Lied immer weiter, es wird nach und nach härter und schneller und erzeugt dabei eine fast schon hypnotische Wirkung.

Ab der Hälfte etwa verabschiedet man sich von den ruhigen Elementen und es wird deutlich flotter. Dennoch wirkt das Ganze nie überhastet oder chaotisch, sondern das Gefühl, in der Musik zu versinken zu können, dominiert. Jeder, der ULTHA schon einmal live gesehen hat, wird wissen, was ich meine. Musikalisch bedient man sich dabei verschiedenster Einflüsse. Etwas US Black Metal hier, ein bisschen Island und frühes Norwegen dort, abgerundet mit einer guten Portion an Eigenständigkeit. Die Kunst dabei: Der Song klingt wie aus einem Guss. Man agiert äußerst filigran, sodass sich der Song immer weiter steigert und sich immer mehr entwickeln kann. Die Übergänge innerhalb der 18 Minuten sind fließend und klingen dabei völlig natürlich. Lediglich am Ende verlässt man etwas diese Kontinuität, was aber nicht weiter negativ auffällt. Insgesamt also die gewohnt hohe Qualität, die man von den beiden Alben der Band her kennt.

Ob es einen „Gewinner“ dieser Split gibt, ist schwer auszumachen. Beide Lieder sind überzeugend und die Bands passen musikalisch gut zusammen, auch wenn sie jeweils einen anderen Ansatz des Black Metals wählen. So haben wir es am Ende mit einem tollen Gesamtpaket zu tun. Wer ULTHA gut findet, der macht mit dieser Split absolut nichts verkehrt und bekommt mit PARAMNESIA noch eine weitere gute Band mit dazu. Eine wirklich gelungene Veröffentlichung zum Jahresabschluss.

09.12.2017
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