ULI JON ROTH, da war doch was? Richtig, vor nunmehr 30 Jahren war der Bube mal Gitarrist der SCORPIONS. Unter seiner Feder entstanden einige der besten Songs dieser Band, so z.B. „The Sails Of Charon“, „Dark night, there is no light / In the realm of the black magic man / Soul’s flight into the cold blight / Of the destroyer’s magic land“, so intonierte Klaus Meine die beste Stelle dieses Klassikers… Nun, lang ist es her… Die vorliegende „Best Of Uli Jon Roth“ bietet nun auf zwei CDs einen Querschnitt aus allen Schaffenphasen des Gitarristen nach seiner Zeit bei den Skorpionen. Das umfasst das Werk mit den mystischen SKY OF AVALON und den experimentellen ELECTRIC SUN sowie sein Live-Projekt TRANCENDENTAL SKY GUITARS.
Geboten werden 31 Songs und ein Video. Eine Besprechung der Titel, soviel sei gleich vorweg gesagt, erübrigt sich hier, denn das Schema ist stets dasselbe: süssliche Gitarreninterpretationen klassischer Vorlagen, im Opener VIVALDIS bekannter Klassiker „Die Vier Jahreszeiten“, werden mit Hall, Bombast und dennoch gleichsam schwebend vorgetragen. Dabei verzichtet ULI JON ROTH auf kein Klischee: so erinnern die Lieder von der oberflächlich-langweiligen Atmosphäre her an ANDRE RIEU, von der Tiefe an den älteren VANGELIS, der bisweilen auftauchende Operngesang ruft die Weihnachts-Kitscharien der Neunziger von PAVARROTTI, CARRERAS und DOMINGO aufs unangenehmste ins in diesem Falle ungern bemühte Gedächtnis. Auch andere Klassiker werden verhunzt, MOZART, BACH (und wie!), ULI JON ROTH macht einfach vor nichts halt.
Dann kommt JIMMY HENDRIX dran: „Voodoo Chile“ wird in einer seltsam anmutenden transzendenten Art dargeboten, auch dieses Original darf einfach nicht kopiert werden, schon gar nicht in dieser kitschtriefenden fließenden Art von ULI JON ROTH.
Das wenige eigenständige Zeug, das uns der Altmeister hier präsentiert, ist vom Songmaterial her äusserst flach, weich und wenig berührend, zum „abchillen“ halt. Im Grunde kann derartiges von Jungspunden spontan mit jedem Aldi-Keyboard komponiert werden.
Spätestens nach der Hälfte der Songs hat man das Gefühl, in einem fernöstlichen Teehaus im Freien zu sitzen, im Schneidersitz, locker gewandet und barfuß, die langen grauen Haare zum Zopf gebunden, die Gefährtin mit strähnigem Haare zur friedlichen Teestunde zur Seite, da kommt der Meister höchstselbst von einer Terrase weiter oben den wunderbar weißen Weg herab, ein Mandala um den ausgedörrten Hals wie ein Pendel schwingend, den festen erleuchteten Blick auf die Gefährten (Gefährtin?) gerichtet, nun, Vöglein trällern, ein Bach plätschert munter, Friede allerorten… Nachts kommt er erneut vorbei, das Recht der ersten (und auch noch einiger folgender) Nächte an der Gefährtin vom Bruder im Geiste nicht allzustreng erbittend, eher einfordernd, klar, das lässt sich machen, unter Männern, also Gefährtin, ab mit dir, eine Ehre, mit dem Meister das Lager teilen zu dürfen, wäre da nicht gerade hier an diesem so friedlichen Orte der Harmonie ein unangebrachter negativer Beigeschmack seitens des nun Alleingelassenen, der partout nicht weichen will… Was solls, wird halt nach geeignetem Ersatz gesucht…
Diese Stimmung zieht sich wie Kaugummi durch alle Songs. Man könnte es auch „Muzak“ nennen, Musik, die in Kaufhäusern zum ausufernden Kommerz einlädt, belanglos, aber auf esoterische Weise verführend, einschmeichelnd… Da rettet den Meister auch nicht seine berühmte „Sky Guitar“ und seine durchaus vorhandenen Fähigkeiten. Wer Klassik auf metallische Weise hören möchte, dem empfehle ich NIGEL KENNEDY, der hat vor einigen Jahren mit dem ENGLISH CHAMBER ORCHESTRA „Die Vier Jahreszeiten“ von VIVALDI mit hartem Geigenstrich eingespielt, so als würde das Instrument einer elektrischen Gitarre gleichen. Und HENDRIX hör ich nur im Original.
Fazit: Wäre er nur beim Rock geblieben, „The Sails Of Charon“ oder „Dark Lady“ wird es nie mehr geben. Eine Kaufempfehlung kann ich nur an Aussteiger der oben genannten Kategorie aussprechen, ein Interesse an Karma, Wiedergeburt und Transzendenz muss unbedingt vorhanden sein. Mit Metal, Rock, Anspruch, gitarrentechnischer Virtuosität und gutem Songmaterial hat das Werk nichts zu tun, für den Rest gilt daher, Finger weg! Mehr als drei Punkte sind hier nicht drin.
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