Udo Dirkschneider hatte ja in den vergangenen Jahren mehr als Live-Verwalter des „eigenen“ ACCEPT-Erbes denn durch seine U.D.O.-Spielweise Aufmerksamkeit erregt, die ihn ja mitnichten eingerostet zeigt. Von daher kann man vor einem ambitionierten Unterfangen wie dem hier vorliegenden „We Are One“ schon mal den Hut ziehen – ein Konzeptalbum über die Herausforderungen, denen wir uns in der heutigen Zeit auf globaler Ebene stellen müssen. Das neue Album der Band des Wuppertalers nämlich entstand mit freundlicher und bombastischer Unterstützung des Musikkorps der Bundeswehr – eine Wiederholungstat des Musikkorps, diesmal jedoch auf Albumlänge. Vor allem hinsichtlich der militärischen Präsenz auf dem Album brigt das Konzept einige interessante Implikationen, die erkundenswert sind.
Das Musikkorps der Bundeswehr stiehlt U.D.O. rotzfrech die Show
Tatsächlich kann man sogar sagen, dass das Musikkorps der Bundeswehr DAS Alleinstellungsmerkmal dieser Veröffentlichung ist, weshalb man sich überhaupt mit „We Are One“ beschäftigen sollte. Neben – erwartungsgemäß – martialischen Bläsern zieht das Korps so ziemlich alle Register, die man vom Symphonic Metal erwarten kann. Vor allem zeigt es eine Präsenz, die man mit einem Konservenorchester wirklich nur mit filigranster Kleinstarbeit reproduzieren kann. Es klingt gewaltig, organisch und wertet das Album an allen Ecken und Enden auf – ein Album wohlgemerkt, das abzüglich Musikkorps aus rudimentärem U.D.O.-Material besteht.
Am tiefsten sinkt „We Are One“ direkt beim dritten Track „Love And Sin“, wenn Udo und Chor im Refrain doch tatsächlich „Fire“ mit „Desire“ reimen. Autsch! Auch sonst steckt das Album voller Gebärden für die Erde und das Zusammensein und gegen alles, was das ein, das andere oder gar beides gefährdet. Wenn das von mir so platt beschrieben daher kommt, dann liegt das nicht daran, dass ich anderer Meinung bin (was nicht der Fall ist), sondern daran, dass U.D.O. lediglich mit dem erhobenen Zeigefinger wackelt und dabei kein einziges Argument liefert, das nicht irgendwie irgendwo anders schon mal gemacht worden ist. Die Texte gehen mit ihrer Kritik einfach nicht weit genug, zumindest nicht dorthin, wo es (noch) wehtut. Und die oben erwähnten Implikationen werden nicht tief genug erkundet.
„We Are One“ ist rudimentäre Metal-Kost mit überragender Orchestrierung
Musikalisch stimmt das Gröbste aber. Udos Gesang gefällt wie eh und je. Richtig gut ist seine Intensitätssteigerung zu Beginn des Openers „Pandemonium“ geworden. Auch die Metal-Sektion (sprich: U.D.O.) gibt sich in technischer Hinsicht nicht die Blöße und liefert beisipelsweise in „Future Is The Reason Why“ einen drückenden Triolenrhythmus, lässt „Rebel Town“ mächtig durch das Gemüse stampfen oder zieht bei „We Strike Back“ das Tempo an inklusive klassisch angehauchtem Gitarrensolo. „Here We Go Again“ geht sogar richtig derbe in die Hüfte und lässt diese fast ein bisschen swingen. Hier zerkaut Udo auch in herrlicher Manier die Kulisse mit seinem fast Rap-artigen Gesang.
Der dargebotene Metal wirkt an einigen Stellen ein bisschen klischeebehaftet und oberflächlich, um nicht zu sagen: handzahm, selten pointiert geschweige denn aggressiv. Aber diese Falten bügelt das Musikkorps durch seine enorme Präsenz im Handumdrehen wieder glatt. Vor allem in den (Semi-)Instrumentals „Blackout“, „Natural Forces“ und „Beyond Gravity“ lässt das Korps seine Muskeln eindrucksvoll spielen, wie auch in den Chor-Passagen, die im Rausschmeißer „Beyond Good And Evil“ etwas fast Sakrales haben. „We Are One“ sollte also vor allem für die hervorragende Orchestralarbeit der Bundeswehr gefeiert werden. Der Rest ist rudimentärer Unterbau aus dem Mittelfeld, der selten spürbare Anstrengungen unternimmt, um aus dem Schatten des Symphonic-Anteils zu hüpfen.
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