In den 90er-Jahren zählte TYSKE LUDDER zu einer der erfolgreichsten Bands der Elektroszene, bevor die Herren dann auf einmal plötzlich von der Bildfläche verschwanden, um dann 2006 mit ihrem Album „Sojus“ ein so überraschendes wie überzeugendes Comeback zu feiern. TYSKE LUDDER waren schon immer etwas anders – und das durchaus im positiven Sinn: Provokant, authentisch und dabei immer auch wortgewaltig. So auch im Fall des neuen Albums „Diaspora“, das sich thematisch mit der Situation des jüdischen Volkes sowie Minderheiten im Allgemeinen beschäftigt, die in ihrer Geschichte mit Verstreuung und Entwurzelung konfrontiert waren und auch noch sind. Ein Blick auf die Lyrics sei in diesem Zusammenhang daher durchaus empfohlen, TYSKE LUDDER haben hier deutlich mehr zu bieten und zu sagen, als viele andere Bands dieses Genres.
Doch auch musikalisch hat das Trio weiterhin einiges auf Lager, vor allem der Auftakt zieht den geschulten Elektrohörer sofort in seinen Bann. Mit „Tempelberg“ und „Eugenix“ startet das Album verdammt stark: Treibende Old School-Beats, moderne Samples und düsterer Shout-Gesang werden kombiniert mit melodischen Sounds und einem EBM-Rhythmus, der sofort in Ohre und Beine geht. „Wallfahrt“ steht dem Auftakt eigentlich in nichts nach, wird allerdings vom melodisch-harten Titeltrack „Diaspora“ und vor allem von „Der androgyne Held“ umgehend vollkommen in den Schatten gestellt – zusammen mit „Tempelberg“ vielleicht der stärkste Song auf dem Album. Das schnelle aber erneut melodische „For Their Glory“, das düstere „Konstanzphänomen“ sowie das beklemmende „Nur ein Traum“ stellen dann den etwas experimentell-düsteren Mittelteil von „Diaspora“ dar, bevor es anschließend mit „Über Euch“ wieder ein ordentliches Klanggewitter auf die Ohren gibt. „R.A.S.S.“ und „Reiscräcker“ gehören dann wieder etwas mehr zur experimentellen Abteilung, der abschließende „Abgesang“ kombiniert auf äußerst interessante Art und Weise harten Elektro mit Kinderreim-ähnlichen Melodien – sehr hörenswert.
Die auf 888 Exemplare limitierte Erstauflage von „Diaspora“ bietet noch drei weitere Songs, u.a. eine Coverversion des TILT!-Klassikers „Merciless“ sowie einen spacig-minimalistischen Remix von „Maschinenstar“. Liebhaber von klassischem EBM und modernem Harsh-/Dark-Elektro, die auf eine ausgewogene Mixtur aus Härte und Melodik sowie ansprechende Songstrukturen stehen, sollten bei „Diaspora“ nicht lange zögern – sehr starkes Album, das den Comeback-Vorgängern „Sojus“ und „Anonymous“ in nichts nachsteht und diese vielleicht sogar noch toppt!
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