Twitching Tongues - In Love There Is No Law

Review

Wenn man sich im Netz umschaut in Sachen TWITCHING TONGUES, stolpert man unter anderem immer wieder über TYPE O NEGATIVE als Vergleich. Musikalisch ist das ziemlich abwegig. Vielleicht fühlen sich einige vom Kuss-Cover ihrer neuen Scheibe “In Love There Is No Law“ inspiriert (Frau mit Scream-Skull). Schließlich hatte des seligen Pete Steeles Band mit “Bloody Kisses“ auch ein solches (zwei Frauen ohne Totenkopf). Allerdings ging das zum Beispiel PUNGENT STENCH mit “Been Caught Buttering“ ebenso (zwei (un)tote Opas). Oder JOHN LENNON und YOKO ONO mit “Double Fantasy“(John Lennon und YOKO ONO).

Führt auch nicht weiter. Und wenn wir schon bei Äußerlichkeiten sind: Da könnte man ja gleich auch noch den Plattentitel nehmen und Rückschlüsse ziehen auf eine Herzschmerz-Variante von BOLT THROW… aber Gemach, mal nicht unsachlich werden. Und OBITUARY, CELTIC FROST oder CARNIVORE, wie vom Label vorgeschlagen, höre ich auch nicht, gaaanz entfernt eher schon Dicke-Arme-Hardcore der Marke CRO MAGS oder SHEER TERROR, die ebenfalls ins Spiel gebracht werden.

Denn die TWITCHING TONGUES, Nachwuchshoffnung aus L. A. (not Boston!) spielen eine für die letzten Jahre typische Variante härterer Musik, die aus gefühlten 100 Spuren gebaute, groovige Midtempo-Riffs mit einer Reihe an Breaks und melodischen Passagen versieht, Vokale zwischen Rob Flynn und Hardcore sowie Klargesang mit gefährlicher Emo-Schlagseite drüberlegt und sich insgesamt ausführlich der Teenage Angst widmet. Das Ganze funktioniert mal mehr (“Frigid“ mit epischer Slow-Mo-Passage), oft aber weniger und ist im Detail für meinen Geschmack eher auf die anstrendende Art anstrengend. Denn abgesehen vom melodischen und mit weiblichem Gesang versehenen “Departure“ sind die einzelnen Stücke doch wenig stringent aufgebaut.

Auch könnten die vielfachen Rhythmus- und Stimmungswechsel innerhalb der Songs ruhig eine Runde flüssiger gestaltet sein. Im Titelstück zum Beispiel verspricht als Intro ein lauter werdendes Feedback die Riffexplosion, muss dann aber unvermittelt erst einer gesprochenen Strophe mit Tribaldrumming weichen, bis diese dann wiederum doch einem Bollo-Riff und Kirk-Windstein-Gesang Platz machen muss, nur damit sich das alles nochmals wiederholt und am Ende gar mit DM-Gegrowle garniert wird. Das überfordert meine Ohren.

Wer allerdings a) hierin eine progressive Note erkennen mag oder b) dem modernen Alternativmetall generell aufgeschlossener als ich gegenüber steht, darf das gern anders sehen und Punkte addieren.

Denn, ich gestehe, überwiegend gefallen mir auch die Einzelteile ohne Summierung nicht sonderlich. Beim Gesang sehe ich wahlweise Unterhemden oder fiese Scheitel, die Melodien schmecken nach Aldi-Honig und die Riffs bemühen sich beim Hau-den-Lukas auf dem Rummelplatz um die Gunst der Dorfschönheit.

Wohl eine Frage der musikalischen Sozialisation (wie meist).

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02.09.2013

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