Tusmørke - Hestehoven

Review

Die Prog-Rocker TUSMØRKE haben ihre neue Scheibe „Hestehoven“ benannt und damit die norwegische Bezeichnung für die Frühlingsblume Huflattich gewählt. Auf dem Albumcover wiederum sehen wir eine spärlich bekleidete junge Dame, die kurz von einer schwarzmagischen Kartenlegung aufblickt und eines kecken Satyrs gewahr wird, dessen Glied … nun ja.

TUSMØRKE machen wieder Musik für Erwachsene (oder große Kinder)

Nach ihrem im letzten Oktober erschienenen dritten Kinderalbum „Intetnett“ steht jetzt also ganz offenbar wieder ein Album für Erwachsene an. Oder für große Kinder: Denn TUSMØRKE bereiten mit ihrem Progressive Rock eine kindliche Freude, die zwischen Dahinschmelzen ob der tollen Melodien und Verzückung ob der traumwandlerisch sicheren Darbietung pendelt.

Das Album beginnt mit „Cycle Of The Gylfaginning” und damit einem Stück, das am ehesten in die Kategorie Gassenhauer einzuordnen ist: Zu einschmeichelnd ist die Flötenmelodie, zu prägnant der Refrain, um den Song nicht mitzuträllern. Der Titeltrack „Hestehoven“ setzt auf sphärische Synthesizersounds, bevor im langen Instrumentalteil Stimmungen so schnell wechseln wie zitierte Passagen: Da fragt man sich gerade noch, ob der Keyboarder eben wirklich die Lambada-Melodie gespielt hat, um im nächsten Moment die Vergleiche in den älteren Regionen der Plattensammlung zu suchen – bei „Shades Of Deep Purple“ oder VANILLA FUDGE.

TUSMØRKE nehmen also auch auf „Hestehoven“ ihren Erziehungsauftrag ernst, indem sie ganz dezent auf Großartigkeiten der Vergangenheit hinweisen. Das Ganze vermischen sie mit ihrer ganz eigenen Pilz- und Kräutermischung, die beim bloßen Hören eine berauschende Wirkung hinterlässt. Bei aller Verspieltheit haben die vier Osloer dieses Mal aber den Fokus auf Nachvollziehbarkeit gelegt: Da macht es keinen Unterschied, welchen Song man gerade anskippt – man ist sofort drin, weil am Beginn eigentlich aller Stücke eine eingängige Melodie steht.

„Hestehoven“ ist verspielt und eingängig

Musikalisch bieten die vier Musiker also wieder ein profundes Ohrenkino mit wirklich guten Songs, das Ganze ist verpackt in eine angenehme Produktion, die bei genauem Zuhören so einige zusätzliche Details erkennen lässt – das Album enthält beispielsweise tatsächlich wieder Gitarren, selbst wenn das Grundgerüst eigentlich nur aus Schlagzeug, Bass, Flöte und einer ganzen Armada an Synthesizerklängen besteht. Plus den angenehmen Gesang, natürlich.

Solltet Ihr also im Dickicht der ganzen Veröffentlichungen aus dem Hause TUSMØRKE ein wenig den Überblick verloren haben, auch weil deren Kinderalben nicht ganz Euer Metier sind: Jetzt ist wieder Zeit reinzuhören. „Hestehoven“ gehört in der Diskografie der Norweger zweifellos zum oberen Drittel.

19.10.2023

- Dreaming in Red -

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