Trivium - The Sin And The Sentence

Review

Kollege Kostudis war 2015 nicht der Einzige, der anlässlich der Veröffentlichung von „Silence In The Snow“ ein verhaltenes Requiem auf die einstmalige metallische Zukunftshoffnung TRIVIUM anstimmte. Völlig zu Recht fiel das böse Wort vom Mittelmaß angesichts einer uninspirierten und glattgebügelten Platte, die fernab vergangener Modern-Metal-Großtaten wie „Ascendancy“ und „Shogun“ vor sich hinleierte.

Neuer Drummer, neue Leidenschaft

Umso freudiger der kollektive Aufschrei in den Kommentarspalten der sozialen und weniger sozialen Medien, als TRIVIUM im Juli einen vermeintlichen Albumvorboten in Form des, wie wir mittlerweile wissen, Titeltracks zu ihrem neuen Release „The Sin And The Sentence“ veröffentlichten. Einige schmerzlich vermisste Trademarks waren plötzlich wieder da: Shouts von Matt Heafy, Uptempo, eine gewisse Komplexität im Songaufbau, Riffs um der Riffs willen und nicht bloß, um den nächsten Chorus einzuleiten. Alle, bei denen sich die Sorgenfalten ob der zweiten Single „The Heart From Your Hate“ zwischenzeitlich wieder verschärft hatten, sollen gleich hier entwarnt werden: „The Sin And The Sentence“ ist das beste TRIVIUM-Album seit „Shogun“ und präsentiert eine Band, die wie ausgetauscht erscheint.

Was sie zugegebenermaßen zu immerhin 25 Prozent auch (wieder einmal) ist. Unüberhörbar saß bei den Aufnahmen zu „The Sin And The Sentence“ erstmals ein erst 24-jähriges und ziemlich energiegeladenes Großtalent namens Alex Bent (in der Vergangenheit unter anderem bei BATTLECROSS tätig) hinter den Kesseln. Er gab den ohnehin wesentlich aggressiveren Songs einen deutlichen Extra-Punch – und so manchem lahmen Bandkollegenhintern womöglich auch.

TRIVIUM sind in voller Stärke zurück

Jedenfalls hat „The Sin And The Sentence“ neben dem bereits erwähnten Titeltrack mit Songs wie „The Wretchedness Inside“ das so ziemlich brutalste Material seit vielen Jahren an Bord. Was nicht bedeuten soll, dass TRIVIUM 2017 auch nur einen Bruchteil an Catchiness eingebüßt hätten. Das beeindruckende Riffgewitter von „Beyond Oblivion“ mündet beispielsweise in einem hymnischen, Gothic-haften Refrain nach dem sich eine Band wie LACRIMAS PROFUNDERE sicherlich die Finger lecken würde. Auch „Betrayer“ pendelt gekonnt zwischen Tremolo-Picking, Gangshouts und Ohrwurm-Refrain.

Überhaupt schöpft Mr. Heafy sein Gesangspotential dieses Mal wirklich maximal aus – inklusive Shouts, Growls, Spoken-Words-Passagen, schmachtendem Klar-Gesang, Hetfield-Gebell, düsterer und bisweilen richtig unkonventioneller Intonationen. Neben dem jungen Herrn Bent macht aber auch der Rest der Mannschaft einen äußerst fitten Eindruck und liefert eine Vielzahl einprägsamer Riff-Passagen und Lead-Momente ab. Phrase hin oder her: „The Sin And The Sentence“ bündelt tatsächlich Merkmale aus jeder einzelnen Schaffensphase des TRIVIUM’schen Gesamtwerkes.

Über weite Strecken gelingt das ganz ausgezeichnet, klingt erstaunlich frisch und nicht im geringsten nach Fan-Service. Nur gegen Ende des Albums macht sich die doch amtliche Länge von „The Sin And The Sentence“ etwas bemerkbar und nicht jeder Fünf-Minuten-plus-Track im letzten Drittel wird noch mit genug Ideen gefüttert, um vollends überzeugen zu können. Dennoch besteht absolut kein Zweifel: TRIVIUM gelingt mit ihrem achten Studioalbum ein beachtliches qualitatives Comeback und ein handwerklich sehr starkes Modern-Metal-Werk, das die Balance zwischen Stadion-Chorus und Riff-Gewalt wieder spielend zu halten weiß.

13.10.2017
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