TRISTWOOD? Klingt irgendwie nach Gothic Metal. Ha! Denkste! TRISTWOOD sind Krieg. Und zwar nuklearer Überschall-Strobo-Blitzkrieg. Was sich hinter „The Delphic Doctrine“ verbirgt, ist wirklich nichts für Rüschenträger. Von der ersten bis zur letzten Sekunde feuern die vier Österreicher aus allen Rohren sämtliche Magazine leer. TRISTWOOD spielen Industrial Death/Black Metal der extremen Sorte. Vom Härtegrad her begibt sich das Material auf dem mittlerweile vierten Output der Band auf Augenhöhe mit der Unnachgiebigkeit, die etwa ANAAL NATHRAKH an den Tag legen. Die programmierten Drums rattern in einem Fort nahezu die kompletten zehn Songs durch, immer begleitet vom fiesen Röhren der Gitarren. Kalte, disharmonische Industrialklänge entfalten ein verstörendes Moment und pumpen eine giftige, klinische Atmosphäre in die Songs. Zwischen all diesen dominanten, den Hörer höchst beanspruchenden Keulen, deren Vehemenz nicht selten BEHEMOTHsche oder gar NILEsche Sphären streift, finden sich allerdings auch einige bemerkenswerte Details. Seien es flinke SLAYER-Licks im Titeltrack, die überraschende Hammondorgel in „Daedae Taengri“, die subtilen, hypnotischen Leads im krassen „By The Call Of Seth – Invocation Of The God Of Blood And War“ oder die immer wieder eingestreuten elektronischen Spielereien, die durch die massiven Soundwolken blitzen. Gerade „By The Call Of Seth“ führt mit reinrassigen EBM-Hooks den Spagat vor, den die Band zwischen High-End Extrem-Metal und elektronischen Einflüssen vollführt. MINISTRY treffen BELPHEGOR zum fröhlichen ANAAL NATHRAKH-Hören. Verschnaufpausen gibt es dabei erwartungsgemäß keine.
Entsprechend nagt die Platte am Nervenkostüm des Hörers. Dies ist allerdings weniger auf den allzeit hohen Härte- und Aggressionsgrad zurückzuführen, sondern auf die arge Gleichförmigkeit der Songs. Zwar bemühen sich TRISTWOOD, jedem Track eine eigene Identität zu geben, indem sie durch wechselnde Stilmittel die Abwechslung im Detail suchen. Dabei übersehen sie leider, dass das omnipräsente Doublebass-Geballer des Drumcomputers in seiner unveränderten Geschwindigkeit die Songs im Endeffekt alle in dasselbe starre Korsett stopft. Durch die unfehlbare Genauigkeit des Trommelautomaten und ein und dieselbe Geschwindigkeit am rechten Rand des Tachos unterscheiden sich die Songs kaum voneinander. Dieser Umstand ist auch der über weite Strecken monotonen Rhythmusgitarre geschuldet, die zusammen mit den harschen Beats wenig Raum für deutlich erkennbare Variation lässt. Für sich gehört ist jeder Song des Albums sehr gelungen. Im Verbund mit den anderen verblassen die einzelnen Tracks jedoch. Deutlichere Breaks, mehr Soli oder andere auflockernde Elemente, aber vor allem ein weniger dominantes Drumming würden hier schon einige Abhilfe schaffen.
Mehr Kontraste im gleichförmig sehr hohen Härtegrad würden einhergehend die Krassheit des Materials aufrecht erhalten oder gar noch verstärken. Denn bereits beim zweiten Durchlauf des Albums fällt auf, dass man die unglaubliche Aggression schon nicht mehr so krass empfindet. Die Frage, inwieweit sich diese Veränderungen mit der manischen Atmosphäre der Platte vereinen ließen, bleibt freilich offen. In meinen Augen wären sie aber Ansatzpunkte, die die Band in Zukunft unverzichtbar machen könnten. Anhänger extremer Klänge dürfen bei „The Delphic Doctrine“ aber gerne schon heute ein Ohr riskieren.
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