Transatlantic - The Absolute Universe

Review

TRANSATLANTIC sind eine Supergroup bestehend aus Neal Morse (ex-SPOCK’S BEARD), Mike Portnoy (ex-DREAM THEATER), Pete Trewavas (MARILLION) und Roine Stolt (THE FLOWER KINGS) und sollten zumindest namentlich eigentlich jedem Prog-Fan mittlerweile ein Begriff sein.

Ebenso bekannt sein sollte es, dass die Band schon immer ungewöhmliche Konzepte für ihre Alben hatte und so ist „The Absolute Universe“ nicht ein Album, sondern gleich zwei. Und eines der zwei Alben ist auch noch ein Doppelalbum. Das macht zusammengerechnet mal eben locker-flockige 2,5 Stunden Musik.

Das absolut verwirrende Universum

Zwar decken sich die Tracklists zum Teil und auch das Konzept stimmt überein, aber trotzdem bekommen wir zwei verschiedene Scheiben zu hören. Denn für beide Versionen des Albums, einmal die kürzere „The Breath Of Life“-Variante und die längere „Forevermore“-Variante, haben die vier Musiker die Songs individuell arrangiert und bearbeitet, teils sogar mit verschiedenen Sängern und Texten versehen.

Dabei hatte unser aller liebstgehasste Pandemie Einfluss auf die Thematik des Albums. Laut der Band bezieht sich das Doppelalbum „Forevermore“ etwas mehr auf die Verrücktheit des Jahres 2020 im Allgemeinen und „The Breath Of Life“ mehr auf die Pandemie und die Effekte dieser im Speziellen. Dies war nicht von Anfang an gewollt, hat sich aber im Laufe der Songwriting-Sessions ergeben.

Klingt kompliziert? Ist es auch. Daher nehmen wir nun beide Scheiben getrennt voneinander unter die Lupe, um euch einen möglichst umfassenden Überblick zu geben.

TRANSATLANTIC – The Absolute Universe: The Breath Of Life (Abridged Version)

Transatlantic - The Absolute Universe: The Breath Of Life Cover

„The Breath Of Life“ beginnt mit dem Doppelschlag aus „Ouverture“ und „Reaching For The Sky“ und dort bekommt man direkt feinste Prog-Kost geboten, wie sie von diesen Herren wohl nur zu erwarten ist. Die Gitarren frickeln, der Bass ist schön präsent und nicht nur ein Hintergrundinstrument, die Drums sind on point und der Gesang ist vielschichtig und passend. Dazu gibt es wohlklingend-dezente Orgel- und Klavierklänge im AYREON-Stil.

Danach geht es wie aus einem Guss weiter und das ist wörtlich zu nehmen: wie schon anno 2009 bei „The Whirlwind“ besteht „The Breath Of Life“ eigentlich nur aus einem einstündigen Song, dessen vierzehn Einzelstücke flüssig ineinander übergehen. Und so entfaltet sich dieses Lied in eine einstündige Progrock-Session, welche immer wieder Momente darbeitet, über die man als Hörer*in stolpert, wie im sehr PINK-FLOYDesken Keyboardsolo in „Owl Howl“ beispielsweise.

Zu den weiteren großen Momenten gehört auch die Spannung und Intensität des Reprises von „Looking For The Light“ mit seinen grandiosen Bass- und Keyboardlinien. Genau jene Intensität hält sich dann auch bis zum Ende der verkürzten Fassung und, nach anfänglicher Skepsis, ob ich wirklich Bock auf 2,5 Stunden Prog-Rock am Stück habe, wandert die Maus ganz selbstverständlich zum Play-Knopf der Extended Version, um zu sehen, wie sich diese im Vergleich schlägt.

TRANSATLANTIC – The Absolute Universe: Forevermore (Extended Version)

Transatlantic - The Absolute Universe: Forevermore Cover

Natürlich erwartet einen beim Beginn von „Forevermore“ ebenfalls die „Overture“, welche aber lässig drei Minuten länger geht und noch um einige Spielereien mehr ausgeschmückt ist. Auch „Heart Like A Whirlwind“ ist im Prinzip der gleiche Song(abschnitt) wie „Reaching For The Sky“ in der kurzen Variante. allerdings muskalisch leicht anders arrangiert und auch knapp eine halbe Minute kürzer gehalten. Zudem sind die Lyrics anders ausgefallen, auch wenn die Leitmotive des Songs erhalten und erkennbar bleiben.

Die erste CD, welche mit dem auf der kurzen Variante nicht enthaltenen Teil „The World We Used To Know“ endet, hätte als alleinstehendes Album schon eine gute Figur abgegeben, aber dann gibt es ja noch die Scheibe Nummer zwei, welche die Extended Version fortsetzt. Dafür musste natürlich auch ein weiterer Songteil her, auch „The Sun Comes Up Today“ ist exklusiv auf dieser Version zu finden. Das passt auch gut, ist er mit seinem sphärischen Chor und dem getragenen Intro eindeutig als Opener eines Albums (und in diesem Fall des zweiten, Langspielsongs) konzipiert und würde in die Mitte des Mammutstücks nicht passen.

Das auf der Abridged Version schon angenehm aufgefallene „Owl Howl“ wurde für die Extended Version um einen ganzen weiteren Part inklusive Lyrics ergänzt, was dem Sahnestück von einem Song(teil) sehr gut steht. Auch der verbleibende Rest von „Forevermore“ weiß zu überzeugen, auch wenn er nicht ganz 100% der Zeit bei der Stange hält. Das Reprise von „Looking For The Light“ gefällt mir auf der kurzen Version sogar besser.

„The Absolute Universe“ – Prog Rock als All-you-can-hear-Menü

Nach zweieinhalb Stunden TRANSATLANTIC bin ich dann erst einmal fertig, brauche etwas Simples, eine alte CANNIBAL CORPSE oder so als Ausgleich. Die beste Wirkung, wenn man kein totaler Junkie ist und PINK FLOYD (oder MARILLION) schon mit der Muttermilch aufgesogen hat, entfaltet „The Absolute Universe“, wenn man die beiden Albenversionen mit etwas Zeit dazwischen genießt und das am besten mehrmals.Wer in den kompletten Nerdmodus gehen möchte, kann auch versuchen, die einzelnen Liedteile digital direkt miteinander zu vergleichen.

TRANSATLANTIC haben mit „The Absolute Universe“ in jedem Fall gezeigt, dass sie den Titel „Supergroup“ nicht zu Unrecht tragen, auch wenn „The Absolute Universe“ den Spannungsbogen selten mal einknicken lässt.

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19.02.2021

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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