Die Norweger TRAIL OF TEARS mussten sich in der Vergangenheit mit so machen Line Up Wechseln herumschlagen. Es ist jedoch schön zu sehen, dass keiner dieser Rückschläge die Kreativität dieser Band negativ beeinflusst hat. Im Gegenteil, es scheint, als ob diese Band aus einem nahezu unermüdlichen Kreativpool schöpfen kann.
Denn mit ihrem neuen Werk „Existentia“ kann die Band nicht nur ihre alten Fans voll und ganz bedienen, sondern auch neue Schichten ansprechen, die sich jenseits der typischen Feminin-Vocals-Gothic-Fangemeinde befinden. Natürlich dürfen auch hier die weiblichen Parts nicht fehlen, keine Frage, doch reihen sich diese nicht so in den Vordergrund, wie es in der Vergangenheit einmal war.
Die beiden Sänger Ronny und Kjetil zelebrieren einen so dramatisch-brachialen Gesangaustausch, dass die weiblichen Einlagen eher als nettes Mitbringsel zu betrachten sind, die, Passenderweise, zu den verschiedenen Atmosphären der Scheibe eingesetzt werden.
Bereits der Opener des Werks „Deceptive Mirrors“ zeigt auf, was der Hörer die nächsten 45 Minuten zu erwarten hat: Epische Hymnen, den Einsatz von Streichinstrumenten, brachiales Gitarrengewitter und ein Gesang, der seinesgleichen sucht! Dass dabei auf jeglichen Kitsch, wie ihn so manche, ähem, Gothic-Band einbaut, gänzlich verzichtet wird, erweist sich als großer Pluspunkt.
Das folgende „My Comfort“, welches von Akustikgitarren und sphärischen Keyboardklängen eingeleitet wird, geht ebenfalls direkt in die Vollen und erweist sich als echter Ohrwurm mit Hitcharakter. Dahinter braucht sich auch das coole „Venom Inside My Veins“ nicht zu verstecken (Gänsehaut!). Der von der Stimmung her sehr düstere Track, nimmt den aufmerksamen Hörer im Sturm mit in eine andere Welt, die unheilvoll und melancholisch klingt. Aus eben dieser holt einen „Decadence Becomes Me“ auch nicht heraus. Alleine der Chorus macht das Stück schon hörenswert. Was bei den Songs immer wieder heraussticht, ist die grandiose Gitarrenarbeit von Runar Hansen. Überraschend nach klassischem Heavy Metal klingt „She Waves Shadows“. Wahrscheinlich ein Versuch der Band, auch eben diese Musikliebhaber an ihren Können teilhaben zu lassen. Der Song ist wirklich nicht von schlechten Eltern. Das verspielte „The Closing Walls“ reiht sich nahtlos dort ein, wo der vorherige Track endete. Vocals, die schon einen schon fast in Death-Metal-Gefilde führen und kompromisslose Riffs. Klasse! Das schleppende „Empty Room“ enthält verführerische weibliche Gesangsklänge, die zum träumen animieren. Man fühlt förmlich, wie sich die Finsternis langsam in die Gehirnwindungen einschleicht. Wesentlich flotter geht die Band mit „Poisonous Tongues“ ans Werk. Gelungener Song, einfach gestrickt aber effektiv. Und durch den Einsatz von modernen Komponenten, wird dieses Stück auch beim X-sten hören nicht langweilig. Ein weiteres Highlight der Scheibe stellt „As It Penetrates“ dar. Ob vom Gesang (geiler Chorus), Songwriting oder spielerischen: dieser Song ist einfach nur gelungen. Nach so viel Dramatik und Finsternis ein Happy End? Nein, weit gefehlt, nicht von dieser Band. Denn „Shades Of Yesterday“ vermittelt erneut eine unheilvolle Stimmung. Sänger Ronny beweist, dass er einer der besten Shouter seines Fachs ist. Besonderer Tipp von mir: Hört euch dieses Stück bei einer entsprechenden Lautstärke an! Die Nummer bläst alles weg!
TRAIL OF TEARS haben mit „Existentia“ alles richtig gemacht. Von der Produktion bis hin zu den einzelnen Songs, es gibt nichts zu meckern. Zusätzlich ist es eine Kunst, bei der Masse an Bands die Originalität zu behalten, die diese Band schon so lange ausmacht. Fans der Norweger werden nicht enttäuscht. Wer sich mit dem Können der Band auseinandersetzen möchte, dem kann ich diese Scheibe nur empfehlen.
Stimme mit dem Review in allen Punkten überein, finde aber dass die Scheibe 10 verdient hat, weil sie sehr viel Eigenstädnigkeit hat, was ja mitlerweile (leider) nicht mehr häufig der Fall ist!