TOMMY LEE war abseits von MÖTLEY CRÜE schon immer für seine Experiementierfreude bekannt, egal ob Solo oder mit METHODS OF MAYHEM. Auf seinem neuesten Output „Andro“ entfernt er sich aber so weit wie nie zuvor von dem Sound, der ihn berühmt gemacht hat.
Die aberwitzige Welt des TOMMY LEE
Gitarren sucht man nämlich nahezu vergebens. Hier und da deutet sich so etwas wie ein Riff an, etwa im Opener „Knock Me Down“ oder „You Dancy“, dessen funkige Anleihen an RED HOT CHILI PEPPERS erinnern. Doch dabei könnte es sich genauso gut um Synthesizer handeln. Im Kontext der restlichen Platte gesehen, ist das sogar wahrscheinlicher als er Einsatz echter Gitarren.
Doch obwohl TOMMY LEE komplett auf rockige Klänge verzichtet, handelt es sich bei „Andro“ aber nicht um ein weichgespültes Pop-Album. Klar, das hier tönt schon alles nach den HipHop- und R’n’B-Sounds, die 2020 angesagt sind. Allerdings kommen die mit gehörigem Dampf daher.
Die meisten Songs werden von einem immens pumpenden Bass angetrieben. Darüber legt TOMMY LEE knackige Beats für die Clubs dieser Welt. Auffällig ist dabei die Kürze der einzelnen Tracks. Kaum ein Song auf „Andro“ überschreitet die Drei-Minuten-Marke. Das verleiht der Scheibe den Charakter einer wilden Sammlung durchgeknallter Experimente. Von richtigen Songs kann hier selten die Rede sein.
„Arno“ verliert das Ziel aus den Augen
Diese Strukturlosigkeit mag manchen sauer aufstoßen. Allerdings sorgt sie dafür, dass „Andro“ zu jeder Sekunde Aufmerksamkeit einfordert, wenn man an der Platte Spaß haben möchte. Andererseits wirft die experimentelle Natur der Songs öfter die Frage auf, warum überhaupt Vocals vorhanden sind.
Denn in vielen Tracks wirken die zumeist hektischen Raps von KILLVEIN, PUSH PUSH, SHOTTY HORROH und anderen wie ein Fremdkörper, der ohne wirklichen Plan über die Instrumentals gelegt wurde. Einzig „When You Were Mine“ fällt aus dieser Kategorie heraus, handelt es sich bei dem von LUKAS ROSSI intonierten Track doch um einen gewöhnlichen, belanglosen Radio-Pop-Song. Dazu kommen manche Ideen, wie etwa das erratische „Demon Bitches“, die sich in einem vollkommen wirren Chaos verlieren.
Wer also Bock auf etwas vollkommen eigenartiges hat, sollte „Andro“ Gehör schenken. TOMMY LEEs aberwitzige Sammlung an Experimenten geht zwar an vielen Stellen nicht auf, entfaltet in den besten Momenten aber einen wahrlich faszinierenden Sog.
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